Portugal: Vom Regen in die Traufe

Von der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 bis 2017 hat sich Portugals gebeutelte Medienlandschaft kaum erholt. Nun trifft die neue Krise, ausgelöst durch die Corona-Pandemie, Medienunternehmen und Journalisten erneut hart.

Zeitungskiosk in Lissabon.
Zeitungskiosk in Lissabon.
Der Verband Privater Medien (PMP) warnt davor, dass die Auswirkungen der Corona-Krise den Sektor zum Einstürzen bringen könnten. Zudem äußerten die Medienkonzerne Besorgnis darüber, dass die von der Regierung angekündigten wirtschaftlichen Hilfsmaßnahmen nicht auch für Medien zur Verfügung stehen.

Auch die Gewerkschaft der Journalisten (SJ) appelliert an die Regierung: "In Anbetracht der Pandemie, die brutale wirtschaftliche Auswirkungen haben wird, ist es wichtiger denn je, den Erhalt des Journalismus zu gewährleisten, eine der Säulen der Demokratie.“ So müsse dringend der Betrieb in den Nachrichtenredaktionen mit einer angemessenen Anzahl von Fachleuten aufrechterhalten werden, damit der Bevölkerung glaubwürdige Informationen geliefert werden können.

Die Arbeitssituation der meisten Journalisten in Portugal ist weiterhin prekär. Über ein Drittel von ihnen arbeitet auf Rechnung, ohne jegliche Absicherung und schlecht bezahlt. Entsprechend fordert die Gewerkschaft eine Garantie von Arbeitsplätzen und Aufträgen, um ein Mindesteinkommen für Journalisten zu sichern.

Damals und heute: Die Entwicklung der portugiesischen Medienlandschaft

Portugiesische Medien litten lange Zeit unter Zensur, die erst mit der Nelkenrevolution 1974 und dem damit verbundenen Sturz der Diktatur, wegfiel. Einige Zeitungen wurden daraufhin verstaatlicht und kamen erst ab Ende der 1980er Jahre wieder in die Hände privater Eigentümer.

Heute teilt sich die portugiesische Medienlandschaft in die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender von RTP (TV: RTP1 und RTP2 und Radio: Antena 1, Antena 2 und Antena3) und die privaten Sender SIC und TVI auf. Hinzu kommen große Medienholdings mit vorwiegend einheimischem Kapital und multimedialer Ausrichtung.

Im Radiobereich betreibt die katholische Kirche den einflussreichen Sender Rádio Renascença. Als zuverlässigstes News-Radio gilt der private Hörfunksender TSF.

Der Zeitungsmarkt in Portugal ist überschaubar. Als wichtigstes Leitmedium gilt die Wochenzeitung Expresso, die noch während der Diktatur 1973 gegründet wurde. Sie erscheint samstags und hat eine liberale Ausrichtung. Unter den Tageszeitungen ist das 1990 gegründete Blatt Público stärkster Konkurrent. Weitere wichtige und landesweite Tageszeitungen sind das konservative Blatt Diário de Notícias, das auflagenstarke und in Porto gegründete Jornal de Notícias, das 2009 gegründete Jornal i, sowie das Boulevardblatt und auflagenstärkste Medium des Landes, Correio da Manhã. Das bedeutendste Nachrichtenmagazin ist Visão, das mittlerweile auch ein Magazin für Kinder herausbringt. Die wichtigsten Wirtschaftszeitungen sind Jornal de Negócios und Jornal Económico.

In den vergangenen Jahren konnte man auch in Portugal die Umstrukturierung vieler Redaktionen und den Ausbau der digitalen Angebote beobachten. Dazu zählen Online-first-Maßnahmen, Aus- und Umbau der Websites, Apps und digitale Abos.

Einige renommierte Titel, wie etwa der Markt- und Meinungsführer Diário Económico haben die Wirtschaftskrise nicht überlebt. Dafür entstanden neue journalistische Projekte, wie etwa die 2016 gegründete digitale Wirtschaftszeitung Eco-Economia Online, die Wochenzeitung Jornal Económico oder die Onlineplattform Observador.

Bereits im Juni 2019 zählte Público zu den meistgelesenen Online-Angeboten in Portugal. Im März 2020 konnte die Website einen Rekord von 45 Millionen Besuchern verbuchen.

Die Corona-Krise könnte die Digitalisierung der Medienlandschaft weiter vorantreiben. Die Nachfrage nach Information steigt und die soziale Isolation bewegt die Menschen dazu, mehr Nachrichten online zu konsumieren. Diesen Gewinn gilt es nun für Journalisten und Medienunternehmen tragfähig zu machen.

Rangliste der Pressefreiheit (Reporter ohne Grenzen): Platz 10 (2020)

Stand: April 2020
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