Rumänien: Die Presse mischt parteipolitisch mit

Die Medien – allen voran die Printmedien – werden in Rumänien von der Politik oft an die kurze Leine genommen. Die Redaktionen haben daher stark an Glaubwürdigkeit verloren. Angesichts ihrer drastisch zurückgegangenen Auflage könnte die gedruckte Presse im Land eines Tages ganz verschwinden.

Rumäniens Präsident Klaus Iohannis nach seiner Wiederwahl am 10. November 2019.
Rumäniens Präsident Klaus Iohannis nach seiner Wiederwahl am 10. November 2019.
TV-Duelle gehören in vielen Ländern zum Wahlkampf dazu. Vor der Stichwahl für das Präsidentschaftsamt im November 2019 hätten die Rumänen jedoch fast darauf verzichten müssen. Amtsinhaber Klaus Iohannis erklärte, seine politische Gegnerin, Ex-Regierungschefin Viorica Dăncilă, habe in ihrer Amtszeit "unverschämt den Rechtsstaat angegriffen". Er wolle nicht mit ihr diskutieren. Öffentlichkeit und Medien empörten sich über das abgesagte TV-Duell, so dass Iohannis schlussendlich eine Ein-Mann-Fragerunde organisieren ließ, um die Gemüter zu beruhigen.

Millionen von Zuschauern verfolgten den Live-Auftritt im Internet und im Fernsehen. Iohannis hatte die acht Journalisten, die Fragen stellen durften, selbst ausgesucht. Die Tageszeitung Libertatea gehörte zu dem Teil der Medien, der zwar über die Fragerunde berichten, selbst aber keine Fragen stellen durfte. Die Aktion sei "eine Beleidigung für den Journalistenberuf", kommentierte das Blatt. Eine Diskussion entbrannte, ob sich Journalisten in Rumänien von Politikern an die kurze Leine legen lassen.

Besonders die politische Berichterstattung ist in einem Teil der Medien immer wieder von Parteieninteressen geprägt. Verwunderlich ist das nicht: Rumänische Unternehmer mit exzellenten Verbindungen zur Politik oder sogar Parlamentsmandat hatten in den 1990er-Jahren Fernsehkanäle und Blätter gegründet, um ihren Reichtum zu mehren und einflussreich in der Politik mitzumischen. Gegen die Mehrheit dieser Medienbesitzer laufen oder liefen inzwischen Ermittlungen wegen Veruntreuung, Korruption oder Steuerbetrug.

Stehen Wahlen an, ist der politische Einfluss besonders stark. Dann werden die Medien ganz besonders zum "Raum für Konfrontationen zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien", konstatierte die rumänische Medienorganisation ActiveWatch im Mai 2019. So entscheiden die Machthaber auf allen Ebenen des politischen Systems, welche Journalisten mit welchen Informationen versorgt werden. Und darüber, welche die oftmals existenzsichernde Werbung staatlicher Institutionen erhält. Die politische Konfrontation wird längst auch über soziale Netzwerke ausgetragen: Nicht nur Parteien ließen in der Vergangenheit Falschnachrichten verbreiten, auch ein Teil der Fernsehsender versuchte, auf diese Weise Politik zu machen.

Viele Zeitungen, die nach 1989 als Leitmedium ein Millionenpublikum erreichten, verzeichnen seit Jahren einen dramatischen Auflagenverlust, auch weil sie bei vielen Lesern an Glaubwürdigkeit verloren haben. Nur mit ihren kostenlosen Onlineauftritten spielen sie überhaupt noch eine Rolle in der Medienlandschaft. In der Corona-Krise haben viele Medien ihre Printausgaben vorläufig aufgrund massiver Einbrüche bei den Werbeeinnahmen eingestellt. Vermutlich wird sich mancher Herausgeber entscheiden, sein Medium auch nach der Krise nicht mehr drucken zu lassen.

Rangliste der Pressefreiheit (Reporter ohne Grenzen): Platz 48 (2020)

Stand: April 2020
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