Athen bekommt wieder Geld

Die Euro-Finanzminister haben am Dienstag Athens Reformprogramm abgesegnet. Die Geldgeber stellten daraufhin eine Verlängerung der Hilfszahlungen bis Ende Juni in Aussicht, verlangten aber noch Nachbesserungen. Für einige Kommentatoren hat Griechenland kapituliert. Andere glauben, dass die Regierung nun die historische Chance hat, das Land zu reformieren.

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Il Sole 24 Ore (IT) /

Nach eiserner Faust nun Samthandschuhe

Jetzt, wo die EU Athen gebeugt hat, sollte sie mit Griechenland sanfter verfahren, mahnt die liberale Wirtschaftszeitung Il Sole 24 Ore: "Tsipras' Griechenland hat wehmütig die weiße Flagge gehisst, um die Staatspleite und den Euro-Austritt zu verhindern. Doch jetzt steht das Land vor einem neuen Dilemma: Wie die Entscheidung einer verantwortungsbewussten und disziplinierten EU-Partnerschaft mit der Kontrolle der Parteibasis von Syriza vereinen, die offen gegen den Premier rebelliert? Die erst einen Monat alte Koalitionsregierung von Tsipras wird bei der Parlamentsabstimmung der Reformen in Bedrängnis geraten. Politische Instabilität, wenn nicht gar Neuwahlen, bahnen sich an. Die Eurozone könnte sich alsbald vor einer neuen Griechenland-Krise befinden, die nicht unbedingt leichter handzuhaben ist. Es ist deshalb in niemandes Interesse, auf der Politik der eisernen Faust gegenüber Athen zu beharren, vor allem jetzt, wo die Regierung der extremen Linken kapituliert hat."

De Telegraaf (NL) /

Vollen Druck auf Griechenland erhalten

Die Reformvorschläge von Griechenland sind vorerst nur schöne Worte, warnt die konservative Tageszeitung De Telegraaf: "Die politische Entscheidung, das Land in der Eurozone zu halten, war ausschlaggebend für die Zustimmung, das ist überdeutlich zu sehen. Denn inhaltlich ist viel zu den sechs A4-Seiten mit den wachsweichen Plänen anzumerken. Das machten unter anderen EZB-Präsident Draghi und seine IWF-Kollegin Lagarde in gepfefferten Briefen deutlich. Sie bleiben sehr skeptisch, dass die lange Liste der griechischen Versprechen realistisch und durchsetzbar ist. ... Daher gilt: Erst sehen, dann glauben. In den kommenden Monaten muss der Druck auf Athen in vollem Maße aufrecht erhalten bleiben und man muss verhindern, dass das Land wieder in halbherzige Maßnahmen zurückfällt. Wenn Europa das nicht tut, kehren das griechische Chaos und der drohende Grexit im Sommer wie ein Bumerang zurück."

Dimokratia (GR) /

Aufstand der Syriza-Linken nur Dogmatismus

Vom linken Parteiflügel der Syriza kommt zum Teil scharfe Kritik am Kompromiss mit der Eurogruppe über eine Verlängerung des Kreditprogramms. Die konservative Tageszeitung Dimokratia findet diese unangebracht: "Diejenigen, die jetzt die Regierung kritisieren, können nicht erkennen, dass die Menschen im Land ihre Situation nicht verschlechtern wollten [durch einen Bruch mit Europa], sondern - im Gegenteil - entschlossen waren, sie zu verbessern. Sie können nicht erkennen, dass die Wähler von Syriza keine Stalinisten, Maoisten oder vermummte Unruhestifter mehr sind, sondern die ehemalige Mittelklasse. … Die Regierung hat sich verpflichtet, alles zu tun, um die gemeinsame Währung zu behalten, aus vielen Gründen. Ein Austritt aus der Eurozone könnte in einer echten Tragödie enden."

Delo (SI) /

Syriza kann Griechen Reformen schmackhaft machen

Athens heftiger Widerstand in den Verhandlungen um neue Hilfszahlungen könnte nun immerhin der Garant dafür sein, dass sich die griechische Regierung bei der Umsetzung der notwendigen Reformen der Unterstützung der Bürger sicher sein kann, hofft die linksliberale Tageszeitung Delo: "Wenn man an ein optimistisches Szenario glaubt, könnte die linke Syriza-Regierung dort erfolgreich sein, wo die alte politische Elite völlig versagt hat. Ungeachtet der linken Rhetorik wird es der Regierung mit der Hilfe Europas vielleicht gelingen, die nötigen neoliberalen Reformen durchzusetzen. So könnte Griechenland, das ein Gefangener der Vetternwirtschaft ist, wieder wettbewerbsfähig werden und nicht auf ewig von ausländischer Hilfe und von Krediten abhängen. So wie damals der Republikaner Richard Nixon als erster US-Präsident das kommunistische China besucht hat, könnte Syriza die Menschen vom Nutzen der einst verhassten Reformpolitik überzeugen."