Warten auf die nächste Reformliste

Athen hat am Mittwoch einen Antrag auf ein neues Hilfsprogramm aus ESM-Geldern gestellt. Zudem kündigte Premier Alexis Tsipras an, noch im Laufe des heutigen Donnerstags neue Reformvorschläge vorzulegen. Einige Kommentatoren appellieren an Merkel, andere an Renzi, endlich eine Lösung der Griechenland-Krise zu forcieren. Wieder andere geben zu bedenken, dass die nationalen Parlamente ein weiteres Hilfspaket für Athen verhindern werden.

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La Tribune de Genève (CH) /

Athens Rettung wird in Parlamenten scheitern

Weil ein mögliches neues Rettungspaket auch die Bürger in den anderen Eurostaaten überzeugen muss, sieht die Regionalzeitung La Tribune de Genève schwarz für Athen: "Die Griechen haben sich geäußert. Nun sind die anderen europäischen Völker dran. Und dabei wird die Unterstützung für Athen deutlich sinken. Der Plan muss nämlich in Deutschland, den Niederlanden, Finnland, der Slowakei, Slowenien und Estland die Zustimmung des Parlaments erhalten. Welcher Regierungschef wird bereit sein, seine politische Zukunft bei dem ungewissen Thema Griechenland aufs Spiel zu setzen? Auch nicht gerade zimperlich werden außerdem die Länder sein, die selbst große Sparprogramme haben umsetzen müssen. Ganz zu schweigen vom spanischen Premier Mariano Rajoy, der keine Lust hat, seinem Kontrahenten, dem Podemos-Politiker und Tsipras-Freund Pablo Iglesias, den Rücken zu stärken. Die Demokratie wird am Ende vielleicht doch nicht der beste Verbündete der Griechen sein."

Il Sole 24 Ore (IT) /

Renzi muss Grexit zum Wohle Italiens verhindern

Ein Grexit würde besonders Länder mit hoher Staatsverschuldung wie Italien teuer zu stehen kommen, warnt der Ökonom Luigi Zingales in der liberalen Wirtschaftszeitung Il Sole 24 Ore. Er appelliert an Italiens Premier Matteo Renzi, endlich einzuschreiten: "Während die Kosten einer griechischen Zahlungsunfähigkeit proportional auf die Nord- und Südländer der Eurozone verteilt sind, ist der Preis für den Verlust der Glaubwürdigkeit des Euro nicht für alle gleich. Der Norden (und vor allem Deutschland) könnte sogar daran verdienen, denn deutsche Staatsanleihen würden für Anleger noch mehr zu einem Refugium werden. Der Süden hingegen (Italien an erster Stelle) hätte viel zu verlieren. Bei einer Staatsverschuldung von 2.000 Milliarden Euro bedeuten 100 weitere Basispunkte für Italien eine zusätzliche Zinslast von 20 Milliarden Euro im Jahr. Warum meldet sich Rom dann aber bei den Verhandlungen nicht zu Wort? Italien ist das Land, das den höchsten Preis für den Grexit bezahlen müsste. Es ist an der Zeit, dass Matteo Renzi eingreift."

The New Yorker (US) /

Außenansicht: Es liegt allein an Merkel

Angela Merkel steht jetzt in der Verantwortung, zum Wohle der gesamten EU eine Lösung für die Griechenlandkrise zu finden, argumentiert das US-amerikanische Magazin The New Yorker: "Den Großteil des vergangenen Jahrzehnts hinweg wurde der Siegeszug der EU leider von deren Beschwerlichkeiten überschattet. Eigentlich als Instrument der Annäherung und Vereinheitlichung gedacht, ist die EU für viele europäische Staaten zu einer erstickenden Zwangsjacke geworden. Es ist jetzt nicht an der Zeit, die Diskussion aufzuwärmen, ob die EU ein 'optimaler Währungsraum' ist (ist sie nicht) oder ob eine Währungsunion ohne eine gewisse politische Vereinheitlichung und Bankenunion funktionsfähig sein kann (sehr wahrscheinlich nicht). Aber es ist an der Zeit, dass Merkel als Europas De-facto-Führerin erkennt, dass die Währungsunion unbeabsichtigte Folgen hatte, die größtenteils unschön sind. Griechenland wieder auf die Beine zu helfen, ist der Preis, den die EU zahlen muss, um diese bedauerliche Episode hinter sich zu lassen."

Lrytas (LT) /

Schmeißt das Land endlich aus der Eurozone

Ein Ende der Geduld mit Griechenland fordert die Wirtschaftsexpertin Rūta Vainienė auf dem Online-Portal lrytas.lt: "Es wurde lange genug gewartet, was Griechenland entscheiden wird. Die Zeit ist gekommen, Rücksicht auf die restlichen Bürger der Eurozone und der Europäischen Union zu nehmen. ... Es ist völlig offensichtlich, dass es im Interesse der Eurozone und der ganzen EU ist, dass Griechenland seine derzeitige Position dort nicht behält. Sowohl der Rhetorik als auch der Taktik der EU kommt nun große Bedeutung zu. Griechenland muss nicht aus der Eurozone austreten, sich nicht zurückziehen oder weggehen, sondern muss der Eurozone verwiesen, hinausgeschmissen werden. Wir sollten nicht über einen 'Grexit', sondern über einen 'Greekout' sprechen."