Parlament in Athen sagt Ja zu Sparpaket

Das Parlament in Athen hat in der Nacht zu Donnerstag die in Brüssel zugesagten Sparmaßnahmen beschlossen - allerdings ohne Regierungsmehrheit. Indes plädiert der IWF für einen Schuldenschnitt für Griechenland. Neue Milliardenschulden werden dem Land nicht aus der Krise helfen, stimmen einige Kommentatoren dem IWF zu. Andere loben die Entscheidung des Parlaments und drängen Athen, die erkaufte Zeit für Reformen zu nutzen.

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To Vima (GR) /

Regierung zum Wohle des Landes umbilden

32 Syriza-Abgeordnete haben in der Nacht zu Donnerstag im griechischen Parlament gegen die Reformen gestimmt, die Voraussetzung für ein drittes Hilfspaket sind. Das liberale Portal To Vima fordert von Premier Tsipras Konsequenzen: "Dem Verlust der Regierungsmehrheit im Parlament müssen sofortige Initiativen seitens des Premier folgen, damit der Prozess für das Abkommen mit unseren europäischen Partnern reibungslos verläuft. Die Opposition, die für das Abkommen gestimmt hat, gibt ihm mit ihrer Haltung Raum für solche Initiativen. Die notwendige Umbildung der Regierung wäre ein erster Schritt zur Wiederherstellung der Parlaments- und Regierungsnormalität. Das Land braucht eine Regierung, die mit einer Stimme spricht und sich mit den großen Problemen auseinandersetzen kann. … Der kritische Zustand der Wirtschaft macht es notwendig, den im Parlament erreichten Konsens zu bewahren."

Politis (CY) /

Drei Jahre Zeit für Reformen

Für ein neues Sparprogramm zu stimmen, war richtig, meint die liberale Tageszeitung Politis, warnt jedoch, dass der Grexit damit noch nicht endgültig vom Tisch ist: "Der Verbleib in der Eurozone hat ein hartes Sparprogramm zur Bedingung, das viel härter ist als die vorherigen. Armut und Arbeitslosigkeit werden zunehmen, gleichzeitig verbleibt das Land in einem Raum geopolitischer und geostrategischer Stabilität. ... Tsipras hat sich sehr richtig für den Euro entschieden, trotz der Schwierigkeiten. … Wir dürfen uns aber nichts vormachen. Durch dieses dritte Sparmemorandum ist ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone noch lange nicht ausgeschlossen. Griechenland bekommt neue Kredite und drei Jahre Zeit, damit es die notwendigen Reformen durchführt. Falls es dies nicht schafft, ist ein Austritt aus der Eurozone unvermeidlich."

Neue Zürcher Zeitung (CH) /

Der IWF entlarvt Europas Wunschdenken

Der Weckruf des Internationalen Währungsfonds ist wichtig, um in der Griechenland-Krise der unrealistischen und opportunistischen Politik der EU etwas entgegenzusetzen, lobt die liberal-konservative Neue Zürcher Zeitung: "Aus politökonomischen Gründen haben die Regierungen der Geberländer ein Interesse daran, weiter auf Zeit zu spielen, und zwar mindestens bis zum Ende der eigenen Amtsdauer. So gelingt es ja vielleicht, die langfristig wohl unausweichliche Schmach eines Schuldenschnitts hinauszuzögern und an die nachfolgende Regierung abzutreten. Also unterzeichnet man, wie am Montag geschehen, ein Abkommen, gemäss dem Griechenland während Jahrzehnten überraschend hohe Primärüberschüsse zu erzielen vermag und vom Schlusslicht wundersam zum Spitzenreiter in Sachen Produktivitätswachstum und Beschäftigungsquote innerhalb der Euro-Zone mutiert. Dass der IMF dieses Wunschdenken mit unbequemen Tatsachen herausfordert, ist nötig und begrüssenswert."

La Stampa (IT) /

EU leugnet Notwendigkeit des Schuldenschnitts

Der Internationale Währungsfonds hält Griechenlands Schulden in seinen jüngsten Einschätzungen für untragbar und plädiert für einen Schuldenerlass. Dieser ist die einzige Lösung, pflichtet die liberale Tageszeitung La Stampa bei: "Anstatt die Hilfen auf das Nötigste zu reduzieren, dafür aber klare und erfüllbare Bedingungen festzulegen, und einen Schuldenschnitt einzuleiten, hat Brüssel entschieden, neue großzügige Hilfspakete zu schnüren - zu Bedingungen, die am Rande des Unmöglichen sind. Denn ein Schuldenschnitt würde das Eingeständnis erfordern, dass die Schulden seit 2000 auch entstanden sind durch die Unvorsichtigkeit der Banken und anderer privater Gläubiger, die dann zum Teil entlastet wurden, indem Regierungen und internationale Regierungen - und damit die Steuerzahler - ihre Kredite übernommen haben. … Haben wir noch die Zeit und die politische Fähigkeit, die Einigung von Montag in irgendeiner Form zu korrigieren? Oder wollen wir weiter mit dem wirtschaftlichen, politischen und strategischen Risiko eines Griechenlandaustritts aus dem Euro spielen?"