Antisemitismus-Affäre in der Labour-Partei

Die britische Labour-Partei muss sich zum wiederholten Mal mit dem Vorwurf des Antisemitismus auseinander setzen. Nach dem Londoner Ex-Bürgermeister Ken Livingstone wurden nun drei weitere Politiker wegen umstrittener Äußerungen über Israel ausgeschlossen. Wie anfällig ist Labour für Antisemitismus?

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The Guardian (GB) /

Antisemitismus Teil radikal linker Ideologie

In ihrer antikapitalistischen Weltsicht ist es für Teile der Linken schwierig, Juden in einer Opferrolle zu sehen, kritisiert The Guardian:

„Das Problem der radikalen Linken, die sich derzeit im Aufwind befindet, ist, dass ihre Anhänger Antisemitismus nicht so wie andere Formen des Rassismus einstufen. ... In dieser Weltsicht werden die meisten Juden als Freunde des Kapitals und alle Israelis als Agenten des Imperialismus karikiert. Daher ist es im Sinne einer Doktrin für diese Fraktion der Linken schwierig, vielleicht gar unmöglich, Juden als Opfer zu sehen. Dazu kann man nur eins sagen: Lasst sie Yad Vashem, die Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem besuchen und sich daran erinnern, was Hitler - der Mann, den Livingstone einen Zionisten nannte - dem am meisten verfolgten Volk in der Geschichte angetan hat.“

The Irish Times (IE) /

Kritik an Israel muss möglich sein

In der Kontroverse um Äußerungen von Labour-Politikern wird aus politischem Opportunismus viel zu schnell die Antisemitismus-Keule geschwungen, kritisiert The Irish Times:

„Die Parteiausschlüsse kommen mittlerweile einer Hexenjagd gleich. ... Ein derartig zynisches politisches Vorgehen verwässert den schwerwiegenden Vorwurf des Antisemitismus. In einem Klima, in dem solche Vorwürfe gemacht werden, um politische Gegner zum Schweigen zu bringen, ist es verlockend, alle Antisemitismus-Vorwürfe zurückzuweisen. Doch davor sollten wir uns hüten. Antisemitismus muss überall dort, wo er existiert, bekämpft werden. Doch in diesem Ringen muss unbedingt dem Versuch widerstanden werden, Kritik an Israel mit antijüdischem Rassismus zu vermischen.“