EU plant weiteren Migrationspakt

Die EU-Kommission hat den Plan für ein Abkommen mit zunächst sieben arabischen und afrikanischen Staaten präsentiert: Hält ein Land Migranten zurück, kann es auf Entwicklungshilfe und Handel hoffen. Insgesamt sollen bis 2020 acht Milliarden Euro fließen. Europa liefert sich korrupten Eliten aus, kritisieren Kommentatoren und sehen den Deal zum Scheitern verurteilt.

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Frankfurter Allgemeine Zeitung (DE) /

Europa macht sich erpressbar

Die Idee der Migrationspartnerschaften ist richtig, nur die Ausführung dürfte schwierig werden, vermutet die Frankfurter Allgemeine Zeitung:

„Migrationsströme lassen sich am besten in den Herkunfts- und Transitstaaten beeinflussen. Wenn die Menschen erst einmal in Europa sind, dann kann man sie in vielen Fällen nur noch schwer zurückschicken, selbst wenn sie keinen Anspruch auf Asyl haben. ... Das ... große Problem ist, dass Europa mit solchen Verträgen politisch erpressbar wird. Modell für die neuen Partnerschaften soll das EU-Türkei-Abkommen sein, aber gerade das aggressive Verhalten Erdoğans zeigt, wie zwiespältig solche Vereinbarungen sein können. Afrikanische Potentaten werden gegenüber der EU kaum weniger fordernd auftreten. Das ist kein Grund, gar nicht mit ihnen zu kooperieren. Aber die Europäer sind oft noch weit entfernt von dem realpolitischen Pragmatismus, der eigentlich erforderlich ist, um mit solchen Leuten handelseinig zu werden.“

Der Standard (AT) /

Zuckerbrot und Peitsche funktionieren nicht

Auch der Standard zweifelt daran, dass die Zusammenarbeit zwischen der EU und den afrikanischen Staaten gelingen wird:

„Konditionalität - die Verknüpfung von Hilfsgeldern mit einem gewünschten Verhalten - hat schon bei Finanzhilfen und der Entwicklungszusammenarbeit fast nie funktioniert. Regierungen lassen sich halt mit Druckmitteln ungern zu einer Politik zwingen, die sie nicht mittragen. Und angesichts dieser Hindernisse ist es auch schwierig, innerhalb der Union Einigkeit zu schaffen. Weder werden die Mittel für Milliardeninvestitionen aufzutreiben sein, noch ist es vorstellbar, dass die EU Exporte aus Äthiopien mit Zöllen belegt, wenn es mit der Rückführung von abgelehnten Asylwerbern nicht klappt. Der neue Plan dürfte daher das Schicksal vieler anderer EU-Initiativen in der Flüchtlingskrise erleiden.“

Avvenire (IT) /

EU finanziert korrupte Elite

Der Migrationspakt lässt sowohl finanziell als auch politisch zu wünschen übrig, bemängelt die katholische Tageszeitung Avvenire:

„Es scheint eine hohe Summe, doch auf fünf Jahre und unter sieben Staaten verteilt, verringert sich die Wirkkraft erheblich. Zudem bleibt unklar, wie die Hebelwirkung funktionieren kann, wie dank der Investitionen der EU-Staaten in die Partnerländer bis zu 62 Milliarden mobilisiert werden sollen. ... Zudem ist zwar von Entwicklung die Rede, doch darüber, wie in den Herkunftsländern Frieden, Sicherheit und ein annehmbares Niveau von bürgerlicher Freiheit und Demokratie aufgebaut werden sollen, wird nicht gesprochen. ... Der EU-Plan schließt vernünftigerweise zweifelhafte Partner wie Eritrea, den Sudan und Gambia aus - Regime, die Menschenrechte missachten und die Flüchtlingsströme nähren. Doch bleibt die Methode fragwürdig, nicht immer ganz glaubwürdigen Regierungen Geld zu geben - korrupten Eliten, die in manchen Fällen gar den Fluchtgrund verantworten.“

L'Echo (BE) /

Die Besten werden herausgepickt

Der Migrationspolitik der EU mangelt es an jeglicher Moral, empört sich L'Echo:

„Europa will also mit anderen Mittelmeerländern Abkommen nach Vorbild des Türkei-Deals vereinbaren. Das ist effizient - aber hat mit Moral nicht zu tun. Außerdem kündigt Europa an, alle verfügbaren Mittel einzusetzen, um die Herkunftsstaaten zum Zurückhalten der Flüchtlinge zu zwingen. Suchen Sie auch hier nicht nach der Moral. Im gleichen Atemzug ändert die EU ihre Regeln, um die Wirtschaftsmigration von Fachkräften zu fördern, die man 'anlocken und halten' müsse. Den afrikanischen Ländern wird das gefallen, doch suchen Sie nicht die Moral. … Europa will Expats und toleriert ein paar Flüchtlinge, aber erwähnen Sie bloß das Wort 'Migranten' nicht mehr.“