EU stellt Polen Ultimatum wegen Justizreform

Die EU-Kommission hat der polnischen Regierung eine Frist von drei Monaten gestellt, um Änderungen an der umstrittenen Justizreform vorzunehmen. Polnische Medien zweifeln aus verschiedenen Gründen an der Wirksamkeit des Ultimatums.

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Polityka (PL) /

Brüssel hat kaum Mittel gegen Warschau

Die Wirkung dieses Ultimatums dürfte sich in Grenzen halten, glaubt Agnieszka Mazurczyk im linksliberalen Nachrichtenmagazin Polityka:

„Sollte die Regierung jetzt zögern, das Problem ignorieren, keine Dialogbereitschaft zeigen oder einfach weiter machen wie bisher, kann die Kommission einen weiteren Schritt beim Verfahren zur Rechtsstaatlichkeit einleiten. Dies könnte den formalen Antrag im EU-Rat zu der im Artikel 7 des EU-Vertrages vorgesehenen Prozedur bedeuten. Die Strafe für Polen wäre, die Rechte des Landes und insbesondere die Stimmrechte im EU-Rat zu beschränken. Dies wäre zwar eine große Blamage, doch ist es bis dahin noch ein weiter Weg. Denn es könnte vielleicht auch gar nicht dazu kommen, weil die EU-Länder dafür einstimmig zustimmen müssen. Und die Ungarn haben ja bereits gesagt, dass sie wie eine Mauer hinter Polen stehen und dagegen votieren werden.“

Gazeta Polska Codziennie (PL) /

EU lenkt von wahren Problemen ab

Das Ultimatum ist aus mehreren Gründen unsinnig, findet die regierungsnahe Tageszeitung Gazeta Polska Codziennie:

„Erstens hat die Kommission nach internationalem Recht überhaupt gar kein Mandat, um Handlungen gegenüber einem Mitgliedstaat durchzusetzen. Zweitens sollte sie sich besser mit den wahren Problemen Europas auseinandersetzen. Dazu gehört vor allem, die Europäer gegen den wachsenden Terror zu schützen. Stattdessen haben sie nun ein Ersatzthema gefunden, bei dem die polnische Regierung und der polnische Staat als Prügelknabe herhalten. Das Verfahren wirkt so, als ob auf Deck eines sinkenden Schiffs eine Tür knarrt und der Kapitän deswegen einen Riesenaufstand macht, statt das Schiff zu retten. Und drittens wird die Rechtsstaatlichkeit nicht in Polen gebrochen, sondern anderswo. Beispielsweise werden in Deutschland im Bereich der Meinungsfreiheit ganz klar Menschenrechte verletzt. Die öffentlichen Medien werden von der Exekutive zensiert.“