Afghanistan helfen, Flüchtlinge abschieben?

Die internationale Gemeinschaft will Afghanistan in den kommenden Jahren mit umgerechnet 13,6 Milliarden Euro unterstützen. Darauf haben sich Vertreter von 70 Geberländern am Mittwoch geeinigt. Im Gegenzug soll sich Kabul stärker für die Menschenrechte und bei der Korruptionsbekämpfung engagieren - und Flüchtlinge wieder zurücknehmen. Dieser Punkt wird von einigen Kommentatoren kritisch gesehen, auch wenn sie die Spendenbereitschaft positiv bewerten.

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Deutschlandfunk (DE) /

Es ist unsere Pflicht, zu helfen

Afghanistan braucht nicht nur Geld, sondern ernsthafteres diplomatisches oder militärisches Engagement als in den vergangenen drei Jahren, mahnt der Deutschlandfunk:

„Ehrlich wäre es von der Bundesregierung, von Berlin, Brüssel, Washington endlich zuzugeben, dass sie das Land viel zu früh sich selbst überlassen haben. Militärisch und finanziell. Was das für die Afghanen bedeuten würde, war bereits 2013 absehbar. ... Ehrlich wäre es zu sagen, dass [die heutigen] Flüchtlinge also auch unsere Flüchtlinge sind. Und es deshalb unsere Pflicht ist, dass wir uns um sie kümmern. ... Um das Land auf dem - wenngleich langsamen - Weg in den Abgrund aufzuhalten, sind entweder ernsthafte Friedensgespräche mit den Taliban notwendig. Oder der Westen müsste seine Strategie von Grund auf neu überdenken. Und sich - was politisch kaum durchsetzbar scheint - wieder stärker engagieren.“

Corriere della Sera (IT) /

Flüchtlinge als Handelsware

Zu den Gegenleistungen, die man von Kabul erwartet, scheint auch die Rücknahme von Flüchtlingen zu gehören, empört sich Corriere della Sera:

„Es ist zweifelsfrei eine gute Nachricht, dass die internationale Gemeinschaft 15 Milliarden Dollar für die Entwicklung in Afghanistan und den schwierigen Friedenprozess des Landes bereitstellt. Eine noch bessere Nachricht ist, dass die EU sich an die Spitze dieser Bemühungen setzt und so ihre moralische Autorität in den Dienst einer guten Sache stellt. Aber genau aus diesem Grunde sollte das Engagement nicht von einem Verdacht überschattet werden: Denn genau zum gleichen Zeitpunkt haben die EU und Afghanistan ein Abkommen über die Rücknahme von Flüchtlingen unterzeichnet, das sogar den Bau eines Extra-Terminals am Flughafen von Kabul vorsieht. ... Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, wie Handelsware zu behandeln, macht demjenigen, der diese Art von Abkommen vorschlägt, keine Ehre.“