Lettland bangt um seine älteste Kosmetikfirma

Der größte und älteste lettische Parfümerie- und Biokosmetikhersteller Dzintars steht kurz vor der Pleite. Die Mitarbeiter des Unternehmens haben nun die Letten per Facebook dazu aufgerufen, ihre Produkte zu kaufen - mit Erfolg. Doch kann dieses kurzzeitige Engagement der Verbraucher die mehr als 100 Jahre alte Firma wirklich retten?

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Neatkarīgā (LV) /

Lieber stinken, als lettische Düfte kaufen

Die schlechten Beziehungen zwischen Russland und der EU haben zum Niedergang von Dzintars beigetragen, erklärt Neatkarīgā:

„Da diese Marke noch aus der Sowjetzeit stammt, war der Absatzmarkt in Russland und den ehemaligen Sowjetrepubliken noch lange beständig. Jetzt ist die Freundschaft vorbei. ... Auch wenn Dzintars vom russischen Embargo nicht betroffen ist, stören doch die Rubel- und Euroschwankungen den Verkauf der Produkte und machen das ganze Geschäft unrentabel. Unter dem Einfluss der Sanktionen werden die Verbraucher in Russland immer zahlungsunfähiger. Und ein Teil der Verbraucher ist so sehr von der antiwestlichen Hysterie befallen, dass sie lieber stinken, statt lettisches Parfüm zu kaufen.“

Dienas Bizness (LV) /

Den Anschluss total verpasst

Dass das Unternehmen kurz vor der Pleite steht, ist für Dienas Bizness keine Überraschung:

„Die Kosmetikfirma ist in der Zeit vor 100 Jahren stehen geblieben. Sie hat die Gewohnheiten der Sowjetzeit noch nicht abgeschüttelt. Doch die Zeiten, in denen der Verbraucher nur ein Produkt zur Auswahl hatte, sind vorbei. Heute kauft man eine Marke und deren Geschichte. ... Kein Wunder, dass junge Leute an den Läden vorbeigehen. Die Filialen sind ungünstig verteilt, die Verkäuferinnen sind Damen im würdigen Alter, die in der Ecke sitzend halb eingeschlafen Kreuzworträtsel lösen. ... Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass die Fabrik nicht untergeht. Dass die Resonanz so groß ist und der Umsatz sich in den letzten Wochen verdreifacht hat, ist zu begrüßen. Denn so leicht wollen wir eine 100 Jahre alte Geschichte nicht aufgeben. Auch wenn der jetzige Aufruf, die Produkte zu kaufen, wie ein Strohhalm für einen Ertrinkenden ist.“

Diena (LV) /

Dzintars muss nicht Pleite gehen

Wenn die Kosmetikfirma es schafft, neue Märkte zu erschließen und gleichzeitig in Lettland beliebt zu bleiben, kann sie überleben, meint Diena:

„Noch vor Kurzem gehörte der Kosmetikhersteller Dzintars mit seinem Chef zur lettischen Erfolgsgeschichte. Wie das Schicksal der Fabrik sich weiter entwickelt, hängt davon ab, ob der Hersteller mit der Zeit geht. Der russische und der ukrainische Markt garantieren keine Stabilität mehr und deshalb sollte der Hersteller lieber versuchen, den chinesischen Markt zu erobern. Auch die Popularität auf dem lettischen Markt ist hoch. Und die Kampagne auf Facebook zeigt, dass die sozialen Medien heute eine große Kraft haben. Unsere Marketingmanager erkennen: Die effektivsten Kampagnen sind die, die sich auf bestimmte Waren und sofortige Maßnahmen konzentrieren.“