Tschechien will Strafen für Majestätsbeleidigung

Abgeordnete des tschechischen Parlaments haben die Wiedereinführung des Paragrafen der Majestätsbeleidigung vorgeschlagen - wie viele mutmaßen, um damit Kritik an Präsident Miloš Zeman inbesondere in den sozialen Medien zu unterdrücken. Tschechiens Medien kritisieren dies scharf und verweisen auf den zeitlichen Zusammenhang der Initiative mit dem Jahrestag der Samtrevolution von 1989, der am 17. November begangen wird.

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Hospodářské noviny (CZ) /

Kommunistische Mentalität lebt fort

Es war das kommunistische Regime, das Kritik gefürchtet hat, meint Hospodářské noviny und sieht diese Geisteshaltung in Tschechien bis heute nicht überwunden:

„Diese Mentalität, die 'wir' und 'sie' unterschied, wartete darauf, erneut in Paragrafenform gegossen zu werden. Diese Zeit scheint nun gekommen. Der einstige Staatschef Václav Havel, der in den 1990er Jahren diesen Paragrafen streichen ließ, wusste, dass die freimütige Äußerung von Kritik zu den Grundlagen einer funktionierenden freien Gesellschaft gehört. Das Argument, dass beispielsweise in den Niederlanden ein solcher Paragraf auch noch existiert, zieht nicht. ... Der Monarch dort ist kein aktiver Politiker, er entscheidet nicht über die Richtung des Landes. Die Argumente der Abgeordneten sind, mit Verlaub gesagt, dumm. (Noch kann man das straflos schreiben. Danke dafür!)“

Lidové noviny (CZ) /

Abgeordnete haben die Vergangenheit vergessen

Heute vor 27 Jahren haben die Tschechen sich das Recht auf freie Meinungsäußerung erkämpft, erinnert Lidové noviny:

„Weshalb kommt dieses 'Geschenk' der Zerstörung der Meinungsfreiheit ausgerechnet zu diesem Datum? Man glaubt es nicht. ... Die 64 Abgeordneten lebten vor der Revolution offenbar in einem anderen Land. Sie erlebten offenkundig nicht den Kommunismus und das dort geltende Recht, das sich die Herrschenden zurechtbogen. Und genau darum geht es auch heute. Sicher droht nicht, dass jetzt massenhaft Leute für ein Jahr ins Gefängnis müssen, weil sie Zeman als Ochsen bezeichnen. Aber allein das Gefühl, dass es in dem einen oder anderen konkreten Fall dazu kommen könnte, genügt. Wehren wir uns dagegen, im Namen des 17. November!“