Polen will Ex-Agenten die Rente kürzen

Polens national-konservative Regierungspartei PiS will die Renten von Ex-Geheimdienstmitarbeitern und Polizisten kürzen, die bereits während des Kommunismus tätig waren und nach 1990 im Dienst blieben. Rund 32.000 Personen würden dann von einem gehobenen Rentenniveau auf ein durchschnittliches Level herabgestuft. Wie gerecht ist das Vorhaben?

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Rzeczpospolita (PL) /

Gerechtigkeit für die Opfer

Die Tageszeitung Rzeczpospolita hat mit einigen Ex-Geheimdienstmitarbeitern gesprochen und hält den Vorschlag für eine gute Idee:

„Ein Funktionär aus Ostpolen, der nur sechs Grundschulklassen absolvierte, hat in den 1950er Jahren seinen Job beim Geheimdienst angetreten. Er begann beim Ministerium für Öffentliche Sicherheit und nach einigen Jahren war er bereits Sicherheitschef in einem der Kreise. Bei der Gründung des freien Polens hatte er dann seinen Dienst als Oberst und Abteilungsleiters des Innenministeriums abgeschlossen. Er hat weit mehr als zehn Menschen auf dem Gewissen. Und für das, was er getan hat, zahlt ihm das demokratische Polen pro Monat mehrere tausend Złoty [bis zu 4.500 Euro]. Als wir ihn getroffen haben, hat er überhaupt kein Zeichen von Reue gezeigt. Und wir haben uns ebenso mit seinen Opfern getroffen, die ins Gefängnis gewandert sind und ihre Gesundheit verloren. Ein Großteil davon lebt nun in Armut. ... Die gesellschaftliche Gerechtigkeit muss unbedingt wiederhergestellt werden.“

Gazeta Wyborcza (PL) /

PiS geht es um Rache und Populismus

Der Vorschlag zur Kürzung der Renten von Ex-Geheimdienstmitarbeitern ist reiner Populismus, schimpft Gazeta Wyborcza:

„Als 1990 die Volksrepublik zusammenbrach, haben Kommissionen, die von Oppositionellen gegründet wurden, die Funktionäre überprüft. Die Opfer haben die Vergehen derjenigen bewertet, die sie verfolgt haben. Und sie haben diejenigen vom Dienst ausgeschlossen, die die Kirche und die Opposition heftig bekämpft hatten. Denjenigen, die der Staat positiv bewertete, sicherte er zu, dass es für sie eine Chance auf Arbeit im demokratischen Polen gibt. Dafür mussten sie sich gegenüber dem neuen Staat loyal zeigen und Treue versprechen. An diese Zusicherung glaubten viele. Und die Mehrheit hat danach hervorragend ihren Dienst verrichtet. ... Jetzt geht es aber nicht mehr um Gerechtigkeit, sondern nur noch um pure Rache und Populismus“