Streit um Schuldenerleichterung für Griechenland

Vor einem neuen Treffen der Euro-Gruppe am 5. Dezember ist der Streit um Schuldenerleichterungen für Griechenland unter den Kreditgebern wieder aufgeflammt. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici stellte Athen angesichts der durchgeführten Reformen Entlastungen in Aussicht. Bundesfinanzminister Schäuble hingegen hatte dem Land zuvor auf einem Bankenkongress mangelnde Reformanstrengungen vorgeworfen. Leiden die Griechen unter zu vielen oder zu wenigen Reformen?

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Avgi (GR) /

An wem will sich Schäuble nur rächen?

Schäuble hatte den Griechen vorgeworfen, sie würden über ihre Verhältnisse leben. Angesichts der Tatsache, dass zwei Drittel der Bevölkerung von Armut bedroht oder bereits arm sind, schreibt Avgi:

„Dies ist eine Folge der siebenjährigen Krise und der ständigen 'Rettungspakete' nach deutschen Standards. Diese Rettungspakete also, die der frühere Premier Antonis Samaras, als 'tödliches Medikament' bezeichnete, als er noch in der Opposition war. Schäuble erweckt den Eindruck, dass er den Bezug zur Realität verloren hat - und zwar zu jeglicher Realität und nicht nur der griechischen, sondern auch der europäischen. So sehr, dass man denken könnte, er wolle sich vielleicht nur rächen. An wem aber will er sich rächen und warum, fragt man sich. Und man fragt sich auch, wie es sein kann, dass er all das Schlimme nicht sehen kann, das genau durch seine eigene Politik in fast ganz Europa verursacht wird.“

Efimerida ton Syntakton (GR) /

Besessen vom Sparzwang

Der Bundesfinanzminister hat den Bezug zur Realität verloren, meint Universitätsprofessor Kostas Vergopoulos in Efimerida ton Syntakton:

„Wieder einmal zeigte der 'tödliche' Schäuble seine Besessenheit angesichts des griechischen Problems, die im Gegensatz steht zur Sicht der anderen Europäer und der Amerikaner sowie der internationalen Organisationen. Aber auch im Gegensatz zu dem, was die Erfahrung und die Wirtschaftswissenschaften beweisen. ... Es ist traurig, dass eine wichtige Person so weit entfernt ist von der Realität. ... Wenn die öffentlichen Ausgaben bereits um 35 Prozent verringert worden sind, die Einkommen und Renten um die Hälfte und die Arbeitslosigkeit konstant bei 25 Prozent bleibt, wenn alles im Land immer schlimmer wird in den letzten sieben Jahren, wer glaubt da noch, dass der gegenwärtige Abschwung auf die Verweigerung von 'Reformen' zurückzuführen ist?“