EuGH kippt anlasslose Vorratsdatenspeicherung

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die anlasslose Vorratsdatenspeicherung, wie sie in Schweden und Großbritannien angewendet wird, gekippt. Daten dürften nur gezielt für eine Region oder einen bestimmten Personenkreis gespeichert werden. Das Urteil hat Einfluss auf die Sicherheitsgesetzgebung aller EU-Staaten - weshalb Kommentatoren die Entscheidung als überaus weitsichtig loben.

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Der Standard (AT) /

Wie sich Terrorismus tatsächlich bekämpfen lässt

Der EuGH hat mit seinem Urteil, dass die Vorratsdatenspeicherung im Kampf gegen Terrorismus nichts nutze, völlig Recht, meint Der Standard:

„Es bleibt zu hoffen, dass nun endlich alternative Wege im Kampf gegen den Terrorismus genutzt werden. So ist es von Österreich oder anderen europäischen Staaten aus möglich, ohne größere Probleme Geldgeschäfte mit Banken zu machen, die der sogenannte 'Islamische Staat' (IS) kontrolliert. Es ist längst an der Zeit, derartige Verbindungen zu kappen und so Finanzierungsquellen der Islamisten auszutrocknen. Auch ist es notwendig, richtige Lehren aus den Enthüllungen von Edward Snowden zu ziehen. Es darf schlicht nicht die Aufgabe von Geheimdiensten sein, Politiker und staatliche Organe von befreundeten Staaten zu bespitzeln. ... Diese Praktiken müssen schleunigst beendet werden. Geld und Personal, die dadurch frei werden, wären sicherlich besser in ein gemeinsames Vorgehen von Geheimdiensten gegen den IS und andere islamistische Terrororganisationen investiert.“

Süddeutsche Zeitung (DE) /

Richter haben Autokraten im Blick

Die Süddeutsche Zeitung bemerkt in dem Urteil einen wesentlichen Subtext, der sich nicht in der Urteilsbegründung niederschlägt:

„Der EuGH ist ein Gericht für ganz Europa; ginge es allein um Schweden, Großbritannien oder Deutschland, würde er ein Instrument zur Massenspeicherung vielleicht gelassener betrachten. So aber müssen die EU-Richter im Blick haben, dass sich in einigen Staaten Osteuropas derzeit eine rapide Erosion des Rechtsstaats vollzieht. In den Händen von Autokraten kann ein riesiger Datenpool, der anderswo wirklich nur zur Verfolgung schwerer Kriminalität genutzt wird, leicht als Infrastruktur einer Massenüberwachung missbraucht werden. Die Europarichter haben also nicht nur Klarheit in den ewigen Vorratsdatenstreit gebracht. Sie haben zugleich ein weitsichtiges Urteil für die Rechtsstaatlichkeit in Europa gefällt.“