Eine Muslimin als rumänische Regierungschefin?

Die Sozialdemokraten in Rumänien haben nach ihrem Sieg bei der Parlamentswahl eine Premierministerin vorgeschlagen. Sevil Shhaideh, früher Ministerin für Regionalentwicklung, gilt als Außenseiterin. PSD-Chef Liviu Dragnea kann wegen einer früheren Verurteilung nicht selbst Premier werden. Kommentatoren wundern sich über die Nominierung einer Muslimin und glauben, dass Dragnea im Hintergrund weiter die Fäden ziehen wird.

Alle Zitate öffnen/schließen
Ziare (RO) /

Shhaideh nur eine Marionette

Dass PSD-Chef Dragnea nur eine brave Stellvertreterin braucht, glaubt Ziare:

„Genau das ist nämlich Sevil Shhaideh. Vom Profil her eher eine Technokratin, ohne politische Tragweite und Ambitionen, ist sie Dragnea extrem treu. Sie hat ihn formell abgelöst, als er nach seiner Verurteilung das Entwicklungsministerium verlassen musste. Dragnea hat bei der Ankündigung der Nominierung keinen Hehl daraus gemacht, eine derartige Person gesucht zu haben - denn die politische Verantwortung der Regierung bleibt bei ihm. Shhaideh ist praktisch eine Art Bevollmächtigte des wahren Amtsträgers. In seiner Rede sprach Dragnea mehr über sich selbst, seine Verantwortung, seine Kompetenz, seine Opferstellung und weniger über Sevil Shhaideh.“

hvg (HU) /

Minderheiten haben in Rumänien das Sagen

Obwohl der Wahlkampf der neuen Regierungspartei PSD von nationalistischen Tönen geprägt war, ist Rumäniens Regierung erstaunlich multikulturell, wundert sich hvg:

„Sevil Shhaideh ist weder [ethnische] Rumänin, noch ist sie Mitglied der orthodoxen Kirche, noch ist sie männlich. Sie ist Tatarin, Muslimin und eine Frau. Eine Konstellation, die es in sich hat, selbst, wenn PSD-Chef Liviu Dragnea im Hintergrund die Fäden ziehen wird. ... Hinzu kommt, dass an der Staatsspitze jener Klaus Johannis steht, der sächsischer Abstammung ist. ... Ex-Gesundheitsminister Raed Arafat wiederum, der in Syrien geboren wurde und palästinensische Wurzeln hat, gilt als Mitgestalter des rumänischen Gesundheitswesens. ... Mehr noch: Der fremdenfeindliche Wahlkampf der PSD wurde von zwei israelischen Spin-Doktoren erdacht. Das Lebensgefühl 'Rumänien für die Rumänen' erfährt fürwahr eine sonderbare Entwicklung.“