Trump hält Zweistaatenlösung für verzichtbar

Auf einer Pressekonferenz anlässlich des Besuchs des israelischen Premiers Netanjahu in Washington hat US-Präsident Trump deutlich gemacht, dass er nicht die Zweistaatenlösung zur Überwindung des Nahostkonfliktes anstrebt. Nach Beginn des Oslo-Friedensprozesses 1993 hatten bislang alle US-Regierungen an diesem Prinzip festgehalten. Welche dramatischen Folgen diese Umkehr haben könnte, skizzieren zutiefst besorgt Europas Kommentatoren.

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Der Standard (AT) /

Freifahrtschein für Israel

Der Standard sieht den Frieden im Nahen Osten in noch weitere Ferne gerückt:

„Nun stimmt es, dass der Nahostkonflikt heute von einer Zweistaatenlösung weiter weg ist denn je - nicht nur wegen Israels Siedlungspolitik, sondern auch, weil die Palästinenserführung weder Kraft noch Willen für die schmerzhaften Kompromisse hat, die eine Friedenslösung erfordert. Aber seit der Verabschiedung des Uno-Teilungsplans 1947 bleibt das internationale Bekenntnis dazu die einzige Konstante mit einem Funken Friedenshoffnung. Die Schwächen einer Zweistaatenlösung sind allzu gut bekannt, aber die Alternative - ein gemeinsamer Staat von Juden und Palästinensern - wäre allemal schlimmer: Entweder geht der jüdische Charakter des Staates verloren oder die Demokratie. Und Frieden wäre in einem zweiten Libanon kaum vorstellbar. Trumps verbale Kehrtwende ist vor allem das Signal, dass er Israel freie Hand gegenüber den Palästinensern lässt und die USA nicht mehr als Vermittler sieht.“

Neue Zürcher Zeitung (CH) /

Diese Nahost-Politik befördert nur den Terror

Trumps Abkehr von der Zweistaatenlösung setzt gleich mehrere Akteure unter Druck, die bislang Verbündete der USA waren, und stärkt Islamisten, stellt die Neue Zürcher Zeitung fest:

„Der Nahost-Konflikt spielt eine zentrale Rolle im Narrativ der radikalen Islamisten. Sie werden Trumps Politik in ihrer Propaganda als weiteren Beweis dafür interpretieren, dass 'die Kreuzzügler' im Westen einzig davon träumen, die Muslime zu unterdrücken. Besonders für die Regierungen in den arabischen Nachbarländern Jordanien und Ägypten dürfte es nicht einfacher werden, ihre friedlichen Beziehungen zu Israel zu rechtfertigen. Unter noch grösseren Druck kommt die gemässigte Palästinensische Autonomiebehörde von Mahmud Abbas. Sie hat seit der Wahlniederlage gegen die islamistische Hamas 2006 keine demokratische Legitimität mehr. Ihr verbliebener Trumpf war die schwache Hoffnung auf eine Zweistaatenlösung, für die sie der einzige international anerkannte Verhandlungspartner ist.“