Oberhaus macht Strich durch Mays Brexit-Rechnung

Das britische Oberhaus hat sich für Änderungen am Brexit-Gesetz ausgesprochen. Die Lords votierten mehrheitlich dafür, im Gesetz die Rechte der EU-Ausländer auch nach dem Austritt Großbritanniens zu garantieren. Damit muss das Gesetz zurück in das Unterhaus, was seine Verabschiedung verzögern wird. Ob das für Großbritannien eine gute oder schlechte Nachricht ist, diskutiert die Presse kontrovers.

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The Daily Telegraph (GB) /

Lords schwächen Londons Verhandlungsposition

Die Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien schon jetzt zu garantieren, wäre ein schwerer Fehler, warnt The Daily Telegraph:

„Alle sind sich einig, dass EU-Bürger korrekt behandelt werden sollten und dass ihr derzeitiger Status gestützt werden muss. Doch der Sinn und Zweck des Brexit-Gesetzes besteht darin, der Regierung die Möglichkeit zu geben, den EU-Austritt einzuleiten – und im Rahmen dessen kann dann mit dem Rest der EU eine gerechte Vereinbarung über die jeweiligen Rechte beider Seiten getroffen werden. ... Nun besteht die Gefahr, dass ein geändertes Gesetz die britische Position bei den anstehenden Verhandlungen schwächt. Außerdem trifft es keine Vorkehrungen für die eine Million unserer eigenen Bürger, die in der EU leben, wie Oberhausmitglied Lord Strathcylde betont hat. Für die Lords fühlte es sich zweifelsohne besser an, der Regierung eine Niederlage zuzufügen. Doch sie betrieben Effekthascherei und bedachten zu wenig die praktischen Folgen.“

Hürriyet (TR) /

Britische Demokratie funktioniert vorbildlich

Auch wenn der Änderungsantrag des britischen Oberhauses Theresa Mays Brexit-Zeitpläne durchkreuzen könnte, ist er ein lobenswerter Schritt, findet der ehemalige Türkei-Botschafter für Großbritannien Ünal Çeviköz in Hürriyet:

„Die Änderungen, die das Oberhaus fordert, werden wohl in kurzer Zeit von der Regierung vorgenommen und der überarbeitete Gesetzesentwurf erneut dem Unterhaus vorgelegt werden. ... Allerdings könnte eine solche Verzögerung den von Theresa May angesetzten Termin vom 31. März für den Beginn der Regierungsverhandlungen gefährden. All diese Mechanismen zeigen, dass demokratische Prozesse nicht mit Hast in ein Gesetz verwandelt werden, sondern mit Geduld und erst nachdem auch die Details eines Themas durchdacht wurden. Dies zeigt, dass das parlamentarische System erfolgreich funktioniert.“