Wie radikal ist Macrons Programm?

Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron verspricht in seinem Programm nichts Geringeres als "ein neues Frankreich zu bauen". So will er etwa die Renten- und Sozialversicherung komplett umbauen nach dem Motto: gleiche Rechte und Pflichten für alle. Außerdem bekannte er sich klar zu Europa und zum deutsch-französischen Tandem. Die Presse diskutiert, ob Macrons Pläne wirklich so revolutionär sind, wie sie klingen.

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L'Opinion (FR) /

Meister der Halbherzigkeiten

Von seinem Versprechen, Frankreich radikal umzukrempeln, ist in Macrons Programm nicht viel zu erkennen, bemängelt L'Opinion:

„Aus dem Wirtschaftsminister, dem dezidierten Reformer und dem Meister der politischen Entschlossenheit ist also ein Präsidentschaftskandidat geworden, der sich vorsichtig ausdrückt und ein gemäßigtes Programm anbietet. Wir kannten ihn als jemanden, der bereit ist eine veraltete Vorstellung von der Unternehmenswelt abzubauen, das Verhältnis zum Staat neu zu gestalten, den öffentlichen Dienst aufzurütteln, das Arbeitsrecht zu erneuern und als Liberaler aufzutreten. Wir stellen nun fest, dass er zur Vorsicht konvertiert ist, zum Meister der Halbherzigkeiten. Er mag schön versichern, dass der Wandel 'umfassend, radikal' sein wird - die Liste der angekündigten Versprechen deutet auf das Gegenteil hin. Die Absichten mögen gut sein, ihre konkrete Umsetzung ist weit vom Ziel entfernt.“

Handelsblatt (DE) /

Konzentration auf das Wesentliche

Dem Handelsblatt hingegen gefällt Macrons Idee des Ausgleichs von Rechten und Pflichten auch auf europäischer Ebene:

„'Frankreich muss seine europäischen Verpflichtungen beim Haushalt und bei den Reformen einhalten und so wieder glaubwürdiger Partner für Deutschland werden', fordert Macron. Im Gegenzug verlangt er von Deutschland, seiner Verantwortung gerecht zu werden durch mehr Investitionen. Gemeinsam sollen beide Länder die Euro-Zone reformieren, die ein eigenes Budget erhalten soll. Mit dem könnten Länder gestützt werden, die stärker als andere ein wirtschaftlicher Schock trifft, allerdings nur unter der Bedingung, dass sie sich mit Reformen selbst helfen. … Wie realistisch ist Macrons Programm? Der Ansatz, wenig zu versprechen und sich auf die Kernprobleme zu konzentrieren, ist richtig. Der Realitätstest muss zeigen, ob die Franzosen zu Veränderungen bereit sind. Dafür müssen sie Macron aber erst einmal wählen.“