Trump im Visier des FBI

Das FBI untersucht mögliche Absprachen zwischen dem Wahlkampfteam Donald Trumps und Moskau. Zugleich hat der Geheimdienst keine Belege dafür, dass Obama Trump im Wahlkampf abhören ließ. Die Affäre und sein Umgang damit haben den US-Präsidenten und seine Regierung nachhaltig geschwächt, beobachten Kommentatoren und warnen vor einer Verfassungskrise.

Alle Zitate öffnen/schließen
Ilta-Sanomat (FI) /

Trump macht Amerika klein, nicht groß

Von der Umsetzung seines Wahlversprechens ist Trump weit entfernt, beobachtet Ilta-Sanomat:

„Die Untersuchungen können lange dauern, und es ist müßig, über ihren Ausgang zu spekulieren. In jedem Fall ist Trumps Glaubwürdigkeit angegriffen. … Trumps Chaos hat die US-Regierung gelähmt. Außerdem fehlen ihr kompetente Schlüsselpersonen, weil nicht für alle Obama-Mitarbeiter Vertreter gefunden wurden. … Die Lähmung reicht bis in die US-Außenpolitik, die völlig richtungslos dahintreibt. Neben Russland dürften wohl auch andere Länder kaum der Versuchung widerstehen, ihren Einflussbereich auszudehnen. In seiner Wahlkampagne versprach Donald Trump, Amerika wieder groß zu machen. Innerhalb von zwei Monaten hat Präsident Donald Trump die USA klein gemacht.“

eldiario.es (ES) /

US-Präsident wirft Nebelkerzen

Mit einer leicht durchschaubaren Verschleierungstaktik versucht Trump sein Debakel hinauszuzögern, kritisiert eldiario.es:

„Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Donald Trump von den Russland-Verbindungen seiner Wahlkampagne eingeholt wird, auch wenn er noch so schnell nach vorn prescht. Der Bewohner des Weißen Hauses scheint sich dessen bewusst und hat daher einen Lügenmarathon in Gang gesetzt voller Verwirrungen, Unwahrheiten und Rauschen, um sich als Opfer eines erbarmungslosen Systems darzustellen. Damit will er nur ein einziges Ziel erreichen: Er will die Idee verbreiten, dass sich alle untereinander ausspionieren und dass in Sachen Finanzierung und Strategie in Wahlkämpfen jeder viel zu verbergen hat. ... Die Show muss immer weitergehen, sodass niemand sicher sagen kann, welcher Teil davon Wahrheit ist und echte Auswirkungen hat und welcher Teil erdacht oder schlichtweg erlogen ist.“

Handelsblatt (DE) /

Warum Moskau den Republikaner favorisiert hat

Trump hat sich den Ärger mit dem FBI selbst eingebrockt und schwächt so nicht nur sich selbst und seine eigene Regierung, analysiert das Handelsblatt:

„Der Präsident ist der größte Störfaktor in der republikanischen Chaostruppe, die die amerikanische Regierung stellt. Denn es war Trump selbst, der [FBI-Chef] Comey zu seiner Aussage trieb. ... Zusammengefasst: Nein, Obama hat Trump nicht abgehört; Fall erledigt. Noch lange nicht erledigt hat sich dagegen der Verdacht, dass sich Trumps Gehilfen mit russischen Agenten eingelassen haben, um die Demokratin Hillary Clinton zu besiegen. Die FBI-Untersuchung dauert an und könnte das Weiße Haus über Jahre hinaus verfolgen. Trumps Umfragewerte waren schon vor der Kongressanhörung auf ein Tief gefallen. Jetzt wird es weiter abwärts gehen. Noch nie hat sich ein US-Präsident in einer solch kurzen Zeit so unbeliebt gemacht. Von Tag zu Tag wird klarer, warum Russland den Republikaner im Wahlkampf favorisiert und ihn mit Cyberangriffen auf die Demokraten aktiv unterstützt hat: Trump ist schwach - und schwächt den Westen.“

NRC (NL) /

Schlittern die USA in eine Verfassungskrise?

In der Anhörung durch das Repräsentantenhaus hat FBI-Chef Comey deutlich gemacht, dass die Vorwürfe Trumps gegen Obama aus der Luft gegriffen sind. Zu sagen, dass Trump lügt, hat er sich damit nur knapp verkniffen, meint NRC Handelsblad:

„Das schadet dem Image von Trump und dem Ansehen des Amts. Im schlimmsten Fall droht bei einem permanenten Konflikt zwischen dem Weißen Haus und den Geheimdiensten eine Verfassungskrise. Es ist ungewiss, ob die Kreml-Frage noch mehr Folgen haben wird als den weiteren Verfall der ohnehin nicht so blühenden Präsidentschaft. Die Untersuchung von Comey kann noch Monate andauern. ... Bislang ist es ein politischer Thriller ohne rauchenden Colt. Der Umfang der Verbindungen [zwischen Trump und Moskau] und die Tatsache, dass darüber auf US-Seite gern und viel gelogen wird, nähren aber das Misstrauen. Dieses Misstrauen hängt wie eine dunkle Wolke über dem Weißen Haus.“