Russland: Kahlschlag und Flucht ins Exil

Die russische Medienlandschaft ist – erst recht seit Beginn des Großangriffs auf die Ukraine – geprägt von staatlicher Lenkung, strengen Regeln und Repressionen. Alle großen Medien gehören entweder direkt dem Staat oder staatsnahen Oligarchen und Konzernen.

Mit einem Plakat protestierte die Journalistin Marina Owsjannikova im März 2022 gegen den Krieg. Sie wurde verhaftet und zu einer Geldstrafe verurteilt. Nach ihrer Freilassung ging sie ins Exil.
Mit einem Plakat protestierte die Journalistin Marina Owsjannikova im März 2022 gegen den Krieg. Sie wurde verhaftet und zu einer Geldstrafe verurteilt. Nach ihrer Freilassung ging sie ins Exil.
Die Pressefreiheit stand in Russland schon länger unter massivem Druck. Medien, die auch nur zum Teil aus dem Ausland finanziert werden (wie auch deren zu politischen Themen publizierende Mitarbeiter), konnten seit 2019 als "ausländische Agenten" klassifiziert werden, womit sie Auflagen und strengeren Kontrollen unterliegen. Der damit verbundene Verlust von Werbekunden bedeutete für das ambitionierte Projekt VTimes 2021 das Ende.

Mit Beginn des Kriegs gegen die gesamte Ukraine wurden strenge Zensurregeln erlassen: Über die "militärische Sonderoperation" darf nur aus offiziellen Quellen berichtet werden – und sie darf nicht "Krieg" genannt werden. "Verbreitung von Fake News" und "Diskreditierung der Streitkräfte" sind strafbar. Zudem wurden Dutzende Medien und Journalisten zu "ausländischen Agenten" erklärt.

Mehrere bedeutende Medien, die sich den neuen Regeln nicht unterwarfen, wurden im Frühjahr 2022 geschlossen - so der Internet-TV-Sender Doschd, die renommierte Zeitung Nowaja Gaseta – deren Chefredakteur Dmitri Muratow 2021 den Friedensnobelpreis erhalten hatte – sowie der Radiosender Echo Moskwy, der drei Jahrzehnte auch oppositionellen Meinungen ein Forum geboten hatte.

Viele der betroffenen Journalisten gingen daraufhin ins Exil – auch die drei genannten Medien haben in Berlin (Echo) beziehungsweise Riga (Nowaja Gaseta Ewropa und Doschd) Neustarts unternommen. Doschd wurde allerdings nach einem Skandal wegen vermeintlicher Unterstützung der russischen Armee im Dezember 2022 die lettische Sendelizenz wieder entzogen.

Gedruckte Medien sind in der russischen Medienlandschaft nur noch ein Randphänomen: Zeitungskioske verschwinden zusehends. Im Printbereich verfolgte der Staat die Strategie, die Kontrolle der Redaktionen auf Kreml-nahe, von der Staatsmacht abhängige Geschäftsleute zu übertragen – so geschehen 2016/17 bei RBK und 2020 bei der einst liberal-kritischen Wirtschaftszeitung Wedomosti.

Für die Meinungsbildung entscheidend ist das Fernsehen. Faktisch stützen alle TV-Sender in ihren Nachrichten- und Magazinsendungen die Position des Kremls und intensivierten mit Kriegsbeginn ihre propagandistischen Talk-Shows. Unabhängige Sender dürfen bestenfalls Unterhaltung liefern.

Auch das Internet, das bis Kriegsbeginn noch begrenzten Freiraum bot, ist nun viel strenger reguliert: Twitter, Instagram, Facebook sowie manche ausländischen Seiten sind in Russland offiziell blockiert, können aber über VPN-Server weiterhin genutzt werden. Social-Media-User, Blogger und Medien müssen sich aber strikt an die diversen Zensurregeln halten, wenn sie nicht Sperrungen und sogar Haftstrafen riskieren wollen.

Unabhängige Meinungen und freie Information sind aber trotz aller Einschränkungen in Russland noch verfügbar. Sie erreichen aber nur jene, die sie im Internet aktiv suchen - sei es mittels VPN-Verbindungen oder auf Youtube und Telegram. Auf diesen beiden nicht blockierten Plattformen haben viele der 2022 emigrierten russischen Medienschaffenden neue Kanäle geschaffen.

Rangliste der Pressefreiheit (Reporter Ohne Grenzen):
Platz 164 (2023)

Stand: Dezember 2022
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