Schränkt der "Staatstrojaner" Grundrechte ein?

Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstag ein Gesetz verabschiedet, welches Behörden erlaubt, Überwachungssoftware auf privaten Computern und Smartphones zu installieren. Erst kurz vor der Abstimmung begann die Debatte über das umstrittene Vorhaben. Deutsche Kommentatoren sind außer sich.

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Süddeutsche Zeitung (DE) /

Einbruch in die Privatheit

Für die Süddeutsche Zeitung ist nicht nur die fehlende Debatte, sondern das ganze Gesetz ein einziger Skandal:

„Es handelt sich um Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte von einer Reichweite, wie es sie in der Strafprozessordnung bisher nicht gibt. Das geplante Gesetz hat etwas Science-fiction-haftes, es eröffnet die Möglichkeit, Gedanken auszulesen: Computer und Handy werden, ohne dass der Betroffene davon weiß, zu einer staatlichen Spionageanlage. ... Der Staat liest mit. Und der Staat kann auch noch am PC das Mikrofon und die Webcam einschalten. Der große Lauschangriff, über den so lange so erbittert diskutiert und gerungen wurde, ist, verglichen mit den neuen Möglichkeiten, ein lächerliches Unterfangen. Der große Computerangriff ist viel, viel größer. Es handelt sich nicht nur um einen Eingriff, es handelt sich um einen Einbruch in die Privatheit - und um einen Einbruch ins Grundgesetz.“

Deutschlandfunk (DE) /

Kein Grund für so einen Schnellschuss

Der Deutschlandfunk wundert sich, wie ein so weitreichendes Gesetz ohne Diskussion durchs Parlament geschleust werden konnte:

„Ja, es ist ein Problem für die Strafverfolger, wenn sie an Telekommunikation Verdächtiger nicht gelangen. Ja, es ist ein Problem für sie und damit auch die Gesellschaft, wenn sie ihre Aufgaben nicht gut erledigen können. Und ja, es ist auch so, dass Kriminelle wenig Rücksicht darauf nehmen, ob Strafverfolgungsbehörden gerade ihrer Arbeit nachgehen können oder die Rechtslage nicht passt. Aber: Es gab keinen Grund für diesen Schnellschuss - es gab keinen Grund dafür, unbedingt noch vor der Sommerpause dieses Gesetz ohne echte Debatte auf den Weg zu bringen. ... Das gewählte parlamentarische Verfahren hat hier eine massive Sicherheitslücke offenbart - eine Sicherheitslücke beim Grundrechtsschutz im Parlament.“