Gähnende Leere im EU-Parlament

Zur Rede des maltesischen Premiers Muscat am Dienstag im EU-Parlament anlässlich des Endes seines EU-Vorsitzes sind nur 30 von 751 Abgeordneten erschienen. Diese mussten sich denn auch eine Standpauke von Kommissionspräsident Juncker anhören: Das Parlament sei lächerlich und respektlos. Doch steckt hinter dem Fernbleiben vielleicht eine politische Botschaft?

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El Mundo (ES) /

Unverschämtheit hochbezahlter Politiker

Die abwesenden Abgeordneten nehmen dem EU-Parlament seine institutionelle Würde, schimpft El Mundo:

„Europas bestbezahlte Politiker haben sich der zentralen europäischen Institution gegenüber respektlos verhalten. Das ist unverschämt. Ihr Verhalten leistet jenen Vorschub, die für den Brexit gestimmt haben und auch rechten und linken Populisten, die das europäische Projekt als überholt bezeichnen und für die Auflösung von Einrichtungen plädieren, die sie für unnütz halten. ... Das europäische Parlament ist nicht irgendein Organismus der EU-Bürokratie. Es hat legislative Gewalt, es erlässt Gesetze, die uns alle betreffen und die den Zusammenhalt stärken. Außerdem kontrolliert es die Kommission. Alles wichtige Aufgaben, die mit Ernsthaftigkeit erledigt werden müssen.“

Welt (DE) /

Nicht Faulheit sondern ein Statement?

Die Welt sieht durchaus Gründe, weshalb sich die Parlamentarier die Rede von Maltas Premier möglicherweise ersparen wollten:

„Ein Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments monierte jüngst, dass EU-Regierungen systematisch die Aufklärung des Panama-Skandals um Steuerflucht und Geldwäsche behindern - mit Malta an der Spitze. Von einem regelrechten Schweigekartell im 'Panama Europas' war im Parlament die Rede und sogar von direkten Verwicklungen des Premiers mit dem Panama-Skandal: Engen Mitarbeitern Muscats wird vorgeworfen, dubiose Firmen in Panama zu unterhalten, und in den 'Panama Papers' taucht sogar der Name von Gattin Michele auf. ... Ob allerdings hier die wahren Motive für die auffällige Leere im Saal lagen oder ob Junckers Vorwurf an die Parlamentarier, allzu desinteressiert zu sein, nicht doch berechtigt war, bleibt indes Spekulation. Offen geäußert hat sich niemand. Schade.“