Sollte es Musikfestivals nur für Frauen geben?

Nach mehreren Musikfestivals in Skandinavien haben sich Anzeigen wegen sexualisierter Gewalt gehäuft. Das Bråvalla-Festival im schwedischen Norrköping wird deshalb eingestellt. Jetzt gibt es Überlegungen, künftig ein Festival zu organisieren, zu dem Männer keinen Zutritt haben. Schwedens Kommentatoren sind außer sich.

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Expressen (SE) /

Geschlechtertrennung keine Lösung

Die südschwedische Kommune Falkenberg hat ihr Interesse als Austragungsort für ein Festival ohne Männer angemeldet. Expressen verurteilt das:

„Die Auffassung, Frauen bräuchten 'Schutzzonen', um vor Übergriffen sicher zu sein, ist in politisch extremen Ecken zu verorten - bei hippen Links-Feministinnen wie auch bei Moralaposteln in Migrantenvororten. ... Natürlich können Politiker meinen, was sie wollen. Für eine Kommune ist es jedoch unpassend, sich solchen Prämissen anzuschließen. Das bedeutet nicht, dass öffentliche Stellen sich gegenüber der Belästigung von Frauen neutral verhalten sollen. Im Gegenteil. Sie müssen mehr tun, damit sich Frauen im öffentlichen Raum sicherer fühlen können. Aber die Trennung der Geschlechter kann keine Lösung sein.“

Dagens Nyheter (SE) /

Keine staatlich finanzierte Diskriminierung

Auch Dagens Nyheter findet, dass die Kommune ihre Einwohner vor den Kopf stößt:

„Es ist eine Sache, wenn ein privater Akteur ein Musikfestival organisiert, zu dem Männer keinen Zutritt haben - und eine ganz andere, wenn eine Kommune wie Falkenberg das tut. Ersteres ist privat, letzteres öffentlich - und von den Einwohnern der Kommune finanziert. Du kannst in ein Frauenkollektiv ziehen oder Männern verbieten, dein Wohnzimmer zu betreten; du kannst ein Festival organisieren und einladen, wen du willst. Aber auf Festivals, die von den Steuerzahlern finanziert werden, gilt das Prinzip der Gleichberechtigung - Diskriminierung aufgrund des Geschlechts hat dort nichts zu suchen.“

Der Nordschleswiger (DK) /

Frauen sind kein Freiwild

Frauen werden zunehmend als Freiwild angesehen, meint Der Nordschleswiger zu der Debatte um sexualisierte Gewalt auf Festivals:

„Die Zeitung Politiken hat in einer umfangreichen Serie zum diesjährigen Roskilde-Festival das Problem dargestellt und die Leidensgeschichten vieler Frauen erzählt. Pflichtlektüre für Männer, die glauben, sich alles erlauben zu können und Frauen beim Festival als Freiwild betrachten. Aber eben nicht nur bei Festivals. ... Es ist leider ein gesellschaftliches Problem, dass einige Männer immer noch jeglichen Anstand vermissen lassen und 'aus Spaß' nicht nur die moralische, sondern auch kriminelle Grenze überschreiten. Darauf gibt es nur eine Antwort: Anzeigen. Wer ein 'Nein' nicht versteht und Frauen nicht respektiert, hat einen Denkzettel verdient.“

Berlingske (DK) /

Von schwachen Frauen und brutalen Männern

Die aktuelle Mediendebatte spiegelt nach Ansicht von Berlingske veraltete Frauen- und Männerbilder wider:

„Wenn es jetzt wieder um die armen, wehrlosen Frauen und die brutalen, übergriffigen Männer geht, dann ist das eine veraltete und verdrehte Geschlechterauffassung, die wir in den 1950ern hinter uns gelassen haben sollten: Die junge Frau ist zart, schwach und hat eine zurückhaltende Sexualität, die von der Gesellschaft geschützt werden muss - weil sie selbst es nicht kann. Der junge Mann ist machtvoll, brutal und egoistisch und hat eine unkontrollierbare Sexualität - und die Gesellschaft muss ihm helfen, sie in Schach zu halten, weil er selbst das nicht kann. Diese Sichtweisen sind falsch, einengend und herablassend beiden Geschlechtern gegenüber.“