Vertieft sich der Graben zwischen Polen und EU?

Im Streit über die polnische Justizreform zeichnet sich eine weitere Eskalation ab. Die Regierung in Warschau ließ am Montag eine Frist der EU-Kommission verstreichen und teilte mit, dass sie die Kritik an der Reform für gegenstandslos halte. Europas Journalisten zeigen sich angesichts des Konflikts zwischen Warschau und EU-Kommission besorgt.

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Rzeczpospolita (PL) /

Brandstifter vom Streit fernhalten

Eine weitere Eskalation des Konflikts kann fatale Folgen haben, warnt Rzeczpospolita und fordert Konsequenzen:

„Obwohl Jarosław Kaczyński versichert, dass Polen in die EU gehört, vertieft die Politik seiner Regierung die Kluft zwischen unserem Land und der Gemeinschaft. David Cameron, der mit den Befürwortern des Brexit gespielt hat, wollte auch nicht aus der EU austreten. Doch er hat erlaubt, dass sich gesellschaftliche und politische Emotionen entwickeln, die zum Brexit geführt haben. Deswegen sollte man aus diesem Konflikt die Personen abziehen, die ihn vertiefen. Vielleicht wäre es besser, wenn sich mit den Angelegenheiten Polens jemand anderes als Frans Timmermans beschäftigen würde und wenn die PiS ihre erbittertsten Kämpfer aus den Beziehungen mit Brüssel heraushalten würde.“

Le Figaro (FR) /

Ächtung Polens untergräbt europäisches Projekt

Patrick Edery von Partenaire Europe, einer auf Mittel- und Osteuropa spezialisierten Beratungsgesellschaft äußert sich in Le Figaro. Aus seiner Sicht drängen Macron und der Vizepräsident der EU-Kommission Frans Timmermans auf einen Regierungswechsel in Polen, weil dies der Partei von EU-Ratspräsident Donald Tusk zugutekommen würde:

„Alle drei stammen aus dem gleichen politischen Lager. Man muss gar nicht betonen, dass die Argumente für einen Ausschluss Polens aus der EU parteiisch sind. Anfechtbar sind sie auf jeden Fall. Ist die klare Absicht der europäischen Führungspolitiker, Länder mit abweichender Meinung (Griechenland, Ungarn und nun Polen) auf Kurs zu bringen - und das mitten im Brexit-Prozess - nicht kontraproduktiv für das europäische Projekt? Verstärkt es bei den europäischen Bürgern nicht den Eindruck von einem Demokratiedefizit innerhalb der EU-Institutionen?“