Warum ist der Euro so stark?

Erstmals seit Anfang 2015 hat der Euro am Dienstag kurzfristig die für Börsianer psychologisch wichtige Marke von 1,20 Dollar geknackt. Auch die Medien sehen das als gute Nachricht an und beschäftigen sich mit den Ursachen des Höhenflugs der Gemeinschaftswährung.

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El Periódico de Catalunya (ES) /

Solide Wirtschaft erzeugt Optimismus

Der steigende Eurokurs spiegelt die Stabilität der Eurozone wider, freut sich El Periódico de Catalunya:

„Es handelt sich zweifelsohne um eine gute Nachricht, nachdem der Aufschwung der US-Wirtschaft die gemeinsame Währung hätte schwächen können, die im Januar 15 Jahre alt geworden ist. Unabhängig von anderen Faktoren, wie der militärischen Provokation durch Nordkorea und der möglichen Antwort der USA, lässt sich das Sinken des US-Dollars gegenüber dem Euro durch den wirtschaftlichen Optimismus erklären, der allgemein in der Eurozone vorherrscht, wo das stete Wachstum eine Konstante ist.“

Corriere della Sera (IT) /

Insel politischer Stabilität

Der Euro-Höhenflug hat nicht allein wirtschaftliche Gründe, analysiert Corriere della Sera:

„Hinter dem Euro-Wert verbirgt sich auch ein politischer Aspekt. Die Programme antisystemischer Parteien erscheinen den Wählern heute weniger glaubwürdig. Verglichen mit den Irrungen und Wirrungen in London wegen des Brexit oder den Spannungen in Washington während der Ära Trump erscheint die Eurozone heute wie eine Insel der Stabilität. Es ist kein Zufall, dass der Euro im April zu steigen begann, als sich abzeichnete, dass die Franzosen Emmanuel Macron in den Elysée-Palast schicken würden und nicht die Verfechterin des Souveränismus, Marine Le Pen.“

Les Echos (FR) /

Super Mario wird die Lage meistern

Der starke Euro stellt keine Gefahr für die Politik der EZB dar, beschwichtigt Guillaume Maujean, Ressortchef Finanzen und Märkte von Les Echos:

„Durch den Anstieg des Euro wird es für die Europäische Zentralbank selbstverständlich schwerer, ihre Ziele zu erreichen. Eine starke Währung bedeutet nämlich immer etwas weniger Inflation und das Frankfurter Institut hat bereits Schwierigkeiten, die Preissteigerung wieder auf zwei Prozent anzuheben. Der Euro-Höhenflug wird ihr die Aufgabe nicht leichter machen, aber die Gesamtstrategie dürfte dadurch nicht gefährdet sein. Mario Draghi hat schließlich noch die Macht des Wortes, um den kleinen Fieberschub zu korrigieren, und kann auf den Umfang seines Anleihekaufprogramms setzen. Ist eine etwas stärkere Währung der Preis, der für eine Rückkehr zur politischen Stabilität des Euro zu zahlen ist? Dann sollten wir nicht zögern!“