Macrons neue Spitze gegen die Schwächeren

"Anstatt zu demonstrieren und Chaos zu verursachen, sollten die frisch entlassenen Arbeiter des Automobilzulieferers GM&S sich besser nach einem neuen Job umsehen." Mit dieser Äußerung hat Emmanuel Macron erneut Empörung ausgelöst - nachdem er erst vor kurzem verlauten ließ, dass er sich bei seinen Reformvorhaben nicht von „Faulpelzen“ aufhalten lasse. Frankreichs Presse geht mit dem Präsidenten hart ins Gericht.

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Libération (FR) /

Nicht immer auf die Gleichen losgehen

Der Präsident sollte auch mal in die andere Richtung austeilen, wirft Libération ein:

„Legt der Präsident es darauf an, ins Fettnäpfchen zu treten, würden wir uns wünschen, dass er von Zeit zu Zeit auch die Mächtigen des Planeten verwarnt. Noch nie haben wir ihn sagen hören, dass gewisse Arbeitgeber es zu weit treiben, dass die Chefs der Unternehmen im [wichtigsten Aktienindex Frankreichs] CAC 40 nicht widerstehen können, sich die Taschen über alle Maße voll zu stopfen, dass manche Milliardäre vor allem durch ihr Erbe zum Wohlstand gekommen sind und so weiter. Er provoziert - warum nicht? Doch wenn Macron zu weit geht, überschreitet er seltsamerweise immer die gleichen Grenzen.“

L'Opinion (FR) /

Auch nicht besser als die anderen Präsidenten

Macron tritt nun doch in die Fußstapfen seiner Vorgänger, zeigt sich L'Opinion enttäuscht:

„Die Franzosen erwarten von ihrem Staatschef, dass er volksnah ist. Er darf aber auf keinen Fall ein normaler Präsident sein. Er soll ihnen zuhören und zu ihnen sprechen - ohne jedoch dem allgemeinen Sprachgebrauch zu verfallen. ... Vor allem sollten seine Worte nicht den Eindruck von Verachtung für eine Klasse verbreiten und zum Bild eines Präsidenten der Reichen beitragen. Seit seinem Amtsantritt sah es eigentlich so aus, dass Macron viel von seinen Vorgängern gelernt hat und er so deren Anfängerfehler vermeiden würde. Dazu zählt auch der Fehler, zuzulassen, dass Streit um die Form wichtiger wird als der Inhalt einer politischen Botschaft. Denn das trägt dazu bei, dass der Präsident wie eine Karikatur erscheint und seine Handlungskompetenz beeinträchtigt wird.“