Nächster Streit um neue Seegrenze

Im slowenisch-kroatischen Grenzstreit haben slowenische Behörden erste Bußgelder gegen kroatische Fischer verhängt, weil diese die neue Seegrenze illegal überquert hätten. Slowenien kontrolliert infolge der Umsetzung eines internationalen Schiedsurteils seit Ende 2017 rund 80 Prozent der Bucht von Piran. Für Kommentatoren beider Länder geht der Streit nun in die nächste Runde.

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Novi list (HR) /

Findet Zagreb einen Ausweg aus dem Dilemma?

Nach den ersten Strafzetteln für kroatische Fischer befindet sich Zagreb in einer Zwickmühle, analysiert Novi List:

„Den Fischern aus Savudrija wurde vor Kurzem in Zagreb gesagt, sie sollen ruhig an denselben Stellen fischen wie bisher. In Zagreb sicherte man ihnen den Schutz vor der slowenischen Polizei und der Fischereiinspektion zu. ... Man sagte ihnen, der Staat würde sich um sie kümmern und eventuelle Strafen neutralisieren. Es wird spannend zu verfolgen, wie diese genau 'neutralisiert' werden sollen. Denn sollte sie der Staat im Namen der Fischer bezahlen, würde er indirekt den Schiedsspruch und die slowenische Souveränität im umstrittenen Teil der Bucht anerkennen.“

Delo (SI) /

Nur Bußgelder können Status Quo festigen

Slowenien handelt richtig, meint Delo:

„Es mag absurd klingen: Doch die Bußgelder, die erneut zu Spannungen zwischen Ljubljana und Zagreb führen, sind wie Wasser auf Sloweniens Mühlen. Je mehr Staub aufgewühlt wird, umso klarer wird für EU-Kommissionschef Juncker, dass gehandelt werden muss. ... Je mehr Zeit für die Umsetzung des Schiedsurteils vergeht, desto mehr Freiraum wird Kroatien haben, um in Zukunft Abkommen zu schließen, die die Grenzlösung endgültig verwässern würden. ... Das Spiel geht also weiter. Den Preis werden die Fischer zahlen, die sich in diesen Tagen mehr Bußgelder als Fische einfangen. Der Weg zur Seegrenze in der Bucht von Piran führt also über Bußgelder. Das ist eine weitere Besonderheit in diesem kuriosen Konflikt, über den sich viele in Europa wundern.“

Delo (SI) /

Slowenien muss sich um andere Probleme kümmern

Im Grenzstreit mit Kroatien sollte sich Slowenien nicht verkämpfen, rät Delo:

„Es wäre unangenehm, wenn Slowenien in Europa nur durch den Konflikt mit Kroatien bekannt wäre. Mazedonien zum Beispiel wird nur noch als Land gesehen, das mit Griechenland wegen des Ländernamens im Konflikt steht. Die Geschichte mit Kroatien rückt Slowenien weg von der Gruppe der am engsten verbundenen EU-Mitglieder. Gleichzeitig hat Slowenien sich nie von den Visegrád-Staaten im Osten distanziert, geschweige denn Ungarn oder Polen kritisiert, die die schwarzen Schafe der Integration sind. Wenn wir Teil der westlichen Welt sein wollen, ist es an der Zeit, dass Slowenien auch mal nötige Kritik äußert.“

Večernji list (HR) /

Die Fischer sind Nebensache

Der Grenzstreit zwischen Slowenien und Kroatien um die Bucht von Piran handelt nur vordergründig vom Schicksal der Fischer, die aus ihren Fanggründen vertrieben werden, analysiert Večernji list:

„Der wahre Grund für die Spannungen liegt zehn bis zwanzig Kilometer weiter nördlich, wo sich die Häfen Koper [in Slowenien] und Triest [in Italien] befinden, die darum wetteifern, die größten Häfen im Süden der EU zu werden und jedes Jahr hunderte Millionen Euro in ihre Infrastruktur investieren. ... Einfacher gesagt, beim kroatisch-slowenischen Streit um die Meeresgrenze geht es nicht um Fische, sondern um die Interessen großer Firmen und Staaten, die nicht wollen, dass Kroatien in der Lage ist, die freie Durchfahrt Richtung Triest und Koper zu gefährden.“

Dnevnik (SI) /

Zurückhaltung verdient Applaus

Dass der neue Grenzverlauf zwischen Slowenien und Kroatien respektiert wird, freut die Tageszeitung Dnevnik:

„Ohne große Zurschaustellung militärischer Macht beziehungsweise polizeilicher Gewalt wurde das Schiedsurteil auf dem Meer vollstreckt. Genau deshalb verdient das Handeln Sloweniens und Kroatiens Applaus. ... Bei der Umsetzung ihrer staatlichen Souveränität und der Rechtsbefugnis haben sich beide Seiten stark zurückgehalten. ... Nach internationalem Recht, weiß man jetzt seit Ende Juni vergangenen Jahres, wo genau im Meer die Grenze zwischen beiden Staaten verläuft.“