Immer wieder neu? Regierungsbildung in Bukarest

Nach nur sechs Monaten bekommt Rumänien schon wieder einen neuen Premier: Präsident Klaus Johannis beauftragte am Mittwoch die Europaabgeordnete Vasilica Viorica Dancilă mit der Regierungsbildung. Sie gilt als Vertraute des wegen Wahlmanipulation vorbestraften PSD-Parteichefs Liviu Dragnea und folgt auf Mihai Tudose, der im Streit mit Dragnea zurückgetreten war. Rumäniens Medien zeigen sich resigniert.

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Krónika (RO) /

Nicht jeder will ein Vasall Dragneas sein

Schuld an der schwierigen politischen Lage ist für Krónika allen voran der Chef der regierenden PSD:

„Keine Frage, sowohl für [den vorvorherigen Premier] Sorin Grindeanu als auch für Mihai Tudose war das Amt des Premiers eine Kragenweite zu groß. Vor allem Letztgenannter war in intellektueller und kultureller Hinsicht überhaupt nicht für den Posten des Regierungschefs gemacht. … Für diese zwei ungeeigneten Ministerpräsidenten binnen 14 Monaten ist aber in erster Linie PSD-Chef Dragnea verantwortlich zu machen. Anders ausgedrückt: Es ist letztlich auch sein Scheitern, egal wie sehr er die Sache bagatellisiert. … Ihren Hut mussten Grindeanu und Tudose im Grunde deshalb nehmen, weil sie sich sträubten, den in diverse Korruptionsaffären verstrickten Dragnea aus der Schusslinie der Justiz zu nehmen.“

Radio Europa Liberă (RO) /

Der Präsident scheut das Risiko

Der Präsident will einfach für Ruhe sorgen, kommentiert Radio Europa Liberă:

„Klaus Johannis zieht Stabilität einer langen politischen Krise vor. Der rumänische Präsident mag weder etwas riskieren, noch fühlt er sich in einem instabilen Umfeld wohl, zumal die Opposition im vorigen Jahr ziemlich apathisch war. ... Johannis weiß, es könnte zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen ihn kommen, sollte er die PSD-Kandidatur ablehnen. Ein interner politischer Krieg wäre extrem kompliziert für einen Präsidenten, der um jeden Preis Ruhe will, trotz der chaotischen Steuerreformen und umstrittenen Justizreformen der Partei. Klaus Johannis hat entschieden, den Sozialdemokraten noch 'eine Chance' zu geben.“