Kommentar

Asad kann sich zurücklehnen

Die vereinbarte Waffenruhe ist ein kleiner Lichtblick im Syrien-Konflikt. Nun liegt es an Russland und Amerika, ihre Verbündeten zu überzeugen.

Inga Rogg
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Klar ist: Asad kann sich vorerst sicher fühlen. Mit keinem Wort erwähnt die Vereinbarung über den Waffenstillstand die Forderung nach seinem Rücktritt (Aufnahme: Syrische Rebellen in Quneitra). (Bild: Alaa Al-Faqir / Reuters)

Klar ist: Asad kann sich vorerst sicher fühlen. Mit keinem Wort erwähnt die Vereinbarung über den Waffenstillstand die Forderung nach seinem Rücktritt (Aufnahme: Syrische Rebellen in Quneitra). (Bild: Alaa Al-Faqir / Reuters)

Endlich! Monate, Tage und Stunden haben Kerry und Lawrow um eine Einigung über einen Waffenstillstand in Syrien gerungen. Jetzt, wo kaum noch jemand daran glaubte, haben sie es geschafft. Das allein schon ist angesichts des tiefsitzenden Misstrauens zwischen den beiden Seiten ein Erfolg – falls die Feuerpause denn auch wirklich eingehalten wird. In vielem fällt das jetzige Abkommen hinter eine ähnliche Vereinbarung im Februar zurück. So ist keine Rede mehr von der Freilassung vieler politischer Gefangener, die in Asads Kerkern schmoren.

Doch konnten die Amerikaner die Russen darauf verpflichten, Druck auf Asad auszuüben, damit er den Einsatz von Fassbomben und Chlorgas einstellt. Sollte das gelingen, wäre dies ein grosser Schritt zum Schutz der Zivilbevölkerung. Welche Sanktionsmechanismen das Abkommen vorsieht, sollte sich Asad widersetzen, ist unklar. Überhaupt ist ziemlich vieles unklar. Laut Lawrow umfasst die Vereinbarung fünf Dokumente, über die beide Seiten jedoch Geheimhaltung vereinbart haben.

Asad kann sich vorerst sicher fühlen. Mit keinem Wort erwähnt die Vereinbarung die Forderung nach seinem Rücktritt. Die Taktik des Machthabers scheint aufzugehen.

Klar ist: Asad kann sich vorerst sicher fühlen. Mit keinem Wort erwähnt die Vereinbarung die Forderung nach seinem Rücktritt. Die Taktik des Machthabers scheint aufzugehen. Mit Belagerungen und Bombardierungen hat er Rebellenhochburgen in die Knie gezwungen, das Völkerrecht mit Füssen getreten und massgeblich zur Radikalisierung des Aufstands beigetragen. Dass sich die Amerikaner anscheinend damit abgefunden haben, dass Asad im Amt bleibt, ist vor allem für viele demokratische Aktivisten bitter – und es ist ein Armutszeugnis für Amerika.

Russland hat mit der Vereinbarung erreicht, dass sich die Amerikaner auf den gemeinsamen Kampf gegen den syrischen Kaida-Ableger verpflichten. Aber was passiert, wenn sich die Rebellen von den gemeinsamen Frontlinien mit der Jabhat Fatah al-Sham zurückziehen? Sehen die Amerikaner dann zu, wie Asads Truppen in das Vakuum vorstossen? Und was passiert im umgekehrten Fall?

Auch darauf blieben Kerry und Lawrow eine Antwort schuldig. Dass die Radikalen alles tun werden, um ihren Machtverlust zu verhindern, davon darf man ausgehen. Aber sie sind nicht die Einzigen. Auch Iran könnte trotz seiner verbalen Unterstützung die Vereinbarung hintertreiben. Nun hängt es an Washington und Moskau, ihre Verbündeten von ihrem Kurs zu überzeugen.