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Meinung Al-Bakr überwältigt

Deutschland hat seine ersten syrischen Helden

Freier Autor
Terrorverdächtiger al-Bakr in Leipzig festgenommen

Der bundesweit gesuchte terrorverdächtige Syrer Dschaber al-Bakr ist in Leipzig festgenommen worden. Syrische Flüchtlinge hatten ihn gefesselt. Zuvor war er der Polizei entkommen.

Quelle: Die Welt

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Es gibt unter uns potenzielle Terroristen aus Syrien. Aber wie Leipzig zeigt, gibt es ebenso Syrer, die beim Aufspüren helfen können und wollen. Wir brauchen sie – denn allein schaffen wir es nicht.

Vor 40 Jahren zog die Rote-Armee-Fraktion eine Mordspur durch Deutschland. Im Juste Milieu sinnierte man bei Partys, ob man einem RAF-Mitglied Unterschlupf gewähren würde. Selten wurde die Frage verneint.

Als der linke Lehrer Fritz Rodewald der Polizei sagte, dass die RAF-Gründerin Ulrike Meinhof bei ihm übernachten würde, wurde er von Terroristen mit dem Tod bedroht, von Linken als Verräter gebrandmarkt, beruflich diskriminiert und gesellschaftlich isoliert.

Im Umkreis des Nationalsozialistischen Untergrunds gab es Hunderte, die über die Mordtaten der Terrortruppe Bescheid wussten. Ein Held wie Rodewald fand sich in diesem Umfeld leider nicht.

Syrer haben Al-Bakr überwältigt

Und nun haben Syrer den Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr in ihre Wohnung aufgenommen, dann erkannt, wer er ist – ihn daraufhin gefesselt und der Polizei übergeben. Sie sind Deutschlands erste syrische Helden. Zweifellos wird der Islamische Staat, zu dem der Bombenbauer al-Bakr wohl Beziehungen hatte, ihnen nach dem Leben trachten.

Hier wohnte der Sprengstoff-Bastler von Chemnitz

Die Nachbarn beschreiben ihn als freundlich und unauffällig. Dschaber al-Bakr hantierte in seiner Wohnung mit TATP, auch „Mutter des Teufels" genannt - bekannt von den Anschlägen in Brüssel und Paris.

Quelle: Die Welt

Vielleicht werden wir deshalb diese Helden niemals öffentlich feiern können, obwohl sie ihr Leben riskiert haben, um ihr Gastland zu schützen. Sie verdienen, wie Rodewald, das Bundesverdienstkreuz. Er lehnte übrigens die angebotene Ehrung verbittert ab.

Die Diskussion über Terroristen, die als Flüchtlinge getarnt in Deutschland einsickern, blieb bisher abstrakt. Die einen beschworen – zu Recht – die Gefahr, die anderen – zu Recht – die Tatsache, dass die meisten Syrer hier sind, weil sie vor dem Terror fliehen, dem Terror des alawitischen Assad-Regimes, der schiitischen Iraner und der mit dem Segen der orthodoxen Kirche agierenden Russen hauptsächlich, aber auch des sunnitischen Kalifats. Nun ist die Diskussion konkret geworden.

Es ist falsch, Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen

Hier ein Mann, auf den schon ein „befreundeter“ Dienst, sei es der türkische, sei es der amerikanische, aufmerksam gemacht hatte. Und dort Syrer, die ihn festnehmen, als er den deutschen Polizeikräften entschlüpft.

„Wo Gefahr ist/ Wächst das Rettende auch“, schrieb Friedrich Hölderlin. Es ist richtig, die als Flüchtlinge eingereisten Menschen genauer unter die Lupe zu nehmen. Es ist falsch, sie unter Generalverdacht zu stellen.

Unter ihnen gibt es gewiss einige Hundert, vielleicht tausend Terroristen. Und ebenso gewiss viele, die beim Aufspüren dieser Schläfer helfen können und wollen. Diese potenziellen Helfer und Helden braucht das Land. Allein schaffen wir es nicht.

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