Kommentar

Todesstoss ins Herz der Terrormiliz?

Eine Niederlage in Mosul würde den IS im Mark treffen. Ob die Schlacht aber zu einem historischen Wendepunkt wird, entscheidet sich erst nach dem militärischen Sieg.

Christian Weisflog
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Rauch steigt auf nach Zusammenstössen im Osten Mosuls. Eine Niederlage dürfte den IS im Mark treffen. (Bild: Azad Lashkari / Reuters)

Rauch steigt auf nach Zusammenstössen im Osten Mosuls. Eine Niederlage dürfte den IS im Mark treffen. (Bild: Azad Lashkari / Reuters)

Nun hat sie begonnen, die langerwartete Schlacht um Mosul – die zweitgrösste irakische Stadt und seit über zwei Jahren das düstere Herz der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). In den kommenden Wochen soll es dem selbsternannten Kalifat aus dem Leib gerissen werden. Von einer «historischen Operation» sprach Brett McGurk, der amerikanische Sondergesandte im Irak. Zu grosse Hoffnungen sollte man sich jedoch noch nicht machen. Von grosser Bedeutung ist sie tatsächlich, die Schlacht um Mosul. Ob sie aber auch ein historischer Wendepunkt werden kann, entscheidet sich erst nach dem erwarteten Sieg.

Bemerkenswert ist zum einen die Breite der von den USA geschmiedeten Koalition. Es sind keine westlichen Soldaten, die ihr Leben an der Front riskieren, um dem islamistischen Wahnsinn ein Ende zu setzen. Es sind Sunniten, Schiiten, Kurden, Jesiden und Turkmenen, welche die menschenverachtende Gewalt des IS ebenso verabscheuen wie der Westen. Unter ihnen befinden sich auch lokale Kämpfer aus Mosul, die ihre Heimat und ihre Freiheit wieder zurückhaben wollen.

Zentrum des Kalifats

Der Fall Mosuls dürfte den IS im Mark treffen. Es ist die grösste Stadt, die sich noch in seinen Händen befindet. Hier hatte der IS-Führer Abu Bakr al-Baghdadi im Juni 2014 das Kalifat ausgerufen. Im Gegensatz zur Kaida versteht sich der IS nicht nur als Terrororganisation, sondern als Staat, dessen Provinzen sich künftig um den ganzen Globus erstrecken sollen. Diese imperialistische Phantasie war für viele ausländische Islamisten die wichtigste Motivation, um sich Baghdadis Jihad anzuschliessen. Ohne Mosul wäre das Kalifat ein Schatten seiner selbst, praktisch ohne Territorium im Irak und nur noch mit einer dünnen Lebensader im Osten Syriens mit der Hochburg Rakka.

Eine Niederlage des IS in Mosul würde indes weder das Ende der islamistischen Ideologie noch das des sunnitischen Widerstands im Irak bedeuten. Um diesen im Zweistromland den Nährboden zu entziehen, muss die schiitisch dominierte Regierung in Bagdad den Sunniten die Hand für eine politische Aussöhnung reichen. Auch der Konflikt mit den Kurden lässt sich nur durch den Willen zu schmerzhaften, aber pragmatischen Kompromissen lösen.

Moralische Unterstützung

Ob eine solch positive Wende im Irak möglich ist, wird aber ebenfalls von der Bereitschaft der USA abhängen, mehr Zeit und diplomatische Energie in das Land zu investieren als nach 2011. Eine möglichst schnelle Entscheidungsschlacht um Mosul mit wenigen zivilen Opfern könnte dazu hilfreich sein. Moralisch wäre dies nicht nur für Präsident Obamas oft kritisierte Nahoststrategie wichtig, sondern insbesondere auch mit Blick auf den Streit mit Russland um dessen Vorgehen in Aleppo.