Gema und YouTube

Teurer Witz und Anachronismus

Die Internetseiten der Musikverwertungsgesellschaft Gema und YouTube
Die Internetseiten der Musikverwertungsgesellschaft Gema und YouTube © dpa / picture alliance / Karl-Josef Hildenbrand
Von Falk Steiner · 01.11.2016
Die heutige Einigung zwischen der Gema und YouTube ist zwar gut für die Nutzer von Musikvideos. Doch am Ende steht, dass Kreative und Plattformbetreiber in jedem einzelnen Land Verträge abschließen müssen, kritisiert Falk Steiner.
"Hurra!" möchte man rufen. Das kann doch gar nicht so schwer gewesen sein, oder? Aber sieben Jahre hat es gedauert, bis die Nutzer in Deutschland den Satz "dieser Inhalt ist in deinem Land nicht verfügbar" nur noch selten lesen werden, wenn sie auf YouTube ein Video mit Musik aus dem Gema-Portfolio aufrufen. Sieben Jahre, in denen Nutzer genervt waren, Künstlern wertvolle Einnahmen entgangen sind und in denen beide Seiten sich vor allem darin gefielen, bloß nicht abzurücken von ihrer Position.
Natürlich hat Kreativität einen Wert, und den zu ermitteln, ist alles andere als einfach. Und natürlich sollten Künstler sich und ihre Werke nicht unter Wert anbieten oder gar anbieten müssen. Aber während YouTube immer bedeutender und reichweitenstärker wurde, profitierten die deutschen Musikschaffenden davon fast gar nicht. Und deshalb sollten auch die sich fragen: War das eigene Verhalten wirklich klug? Hat man nun mehr gewonnen als in der Zwischenzeit verloren?
Die gleiche Frage muss sich auch Google stellen lassen. Der Konzern verdient Milliarden, es geht ihm prächtig und er könnte die Musikverlage auch einfach kaufen.
Aber stattdessen sperrt er sich in einem jahrelangen Streit gegen etwas höhere Zahlungen und provoziert damit etwas, was er selbst gar nicht wünschen kann: Dass die Politik glaubt, die Sache regeln zu müssen. Und ob das gut geht, daran darf man Zweifel haben, denn Kollateralschäden sind dabei nicht ausgeschlossen.

Die Rolle der Plattformbetreiber

In den kommenden Monaten wird in Brüssel weiter intensiv über eine Reform des Urheberrechts beraten, die "Europäische Digitalunion" soll kommen und dabei wird es auch um die Frage gehen, wie – als ein Erbe des etwas unglücklichen deutschen Digitalmarkt-Kommissars Günther Oettinger – in Zukunft die Rolle der Plattformbetreiber aussehen soll.
Sollen diese schon beim Upload alles filtern, kontrollieren und auf jede Art von Urheberrechtsverstoß durchforsten? Oder sollen sie doch einfach nur per halbautomatischer, quasi-algorithmischer Verpflichtung einfach den Geldbeutel aufmachen und die mehr oder weniger notleidenden Künstler alimentieren müssen?

Europäische Lösungen sind nicht verfügbar

Die Einigung von heute, so gut sie für die Nutzer ist, bleibt derweil ein anachronistischer Witz. Denn während in Brüssel über einen digitalen Binnenmarkt verhandelt wird, steht am Ende, dass in jedem Land Kreative und Plattformbetreiber dann doch wieder eigene Verträge für das eigene Territorium abschließen.
Und dass das so bleibt, dafür haben bereits im vergangenen Jahr sowohl die Plattformbetreiber als auch die Verwertungsgesellschaften gesorgt, auf europäischer Ebene. Europäische Lösungen bleiben in Europa weiterhin nicht verfügbar, nicht zuletzt dank Gema und Google.
Mehr zum Thema