Der falsche Treibstoff für die Demokratie

Wut, Frustration und Schreckgespenster: Leitmotive in einem gefährlich skrupellosen Wahlkampf.
Konrad Kramar

Konrad Kramar

Wenigstens ist es vorbei. Viele Amerikaner wird ein Gefühl der Erleichterung heute in ihre Wahllokale begleiten. Allzu spürbar war in den letzten Tagen der Überdruss, den fast eineinhalb Jahre Wahlkampf erzeugt haben. Als wären nicht schon genug Ängste im Spiel, haben beide Kampagnen ihre letzten TV-Werbemillionen dafür verwendet, um den jeweiligen Gegner noch einmal zum Schreckgespenst aufzublasen, der das Land in die Unregierbarkeit (Trump-Spots über Clinton), oder in ein globales Armageddon (Clinton-Spots über Trump) treiben werde. Nur die letzte traurige Konsequenz eines Wahlkampfes, in dem negative Gefühle der bevorzugte Treibstoff waren. Trump hat das zerstörerische Spiel, das seine Partei, die Republikaner, schon in den Obama-Jahren betrieben hat, skrupellos auf die Spitze getrieben. Die Fundamental-Opposition des dominierenden rechten Parteiflügels gegen den Präsidenten, die bis zur Budgetblockade reichte, hat das traditionelle Spiel der Suche nach Kompromissen – die Essenz amerikanischer Politik – bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet. Trump hat daraus ein Untergangs-Panorama für die USA gebastelt, in dem nur er als Retter dienen könne. Hillary Clinton ist es nicht gelungen, ein überzeugende s Positiv-Szenario zu entwickeln. Die Angst vor dem unberechenbaren Hitzkopf Trump war zuletzt ihr einzig zugkräftiges Argument.

Gefährlich zynisches Spiel

Man kann das alles als Wahlkampf-Getöse abtun, das am Tag danach Vernunft und Realpolitik Platz machen werde. Das aber funktioniert in einem Land, in dem 40 Prozent der Wähler das politische System und seine Vertreter ablehnen, auf Dauer nicht. Wut, Angst und Frustration der Bürger zu bedienen, um sie so bei – zumindest schlechter – Laune zu halten und an die Wahlurne zu bugsieren, war ein gefährlich zynisches Spiel. Mit genau dieser Grundstimmung betrachten die Bürger die Politik, die man ihnen später vorsetzt. Sie werden sie als frustrierend, unzureichend, nicht ihren Wünschen entsprechend abtun. Ohne Grundvertrauen in ein System wird kein Bürger akzeptieren, dass die Demokratie nicht nur nur seine Wünsche erfüllt, sondern ihm auch etwas abverlangt. Und das ist für jede Demokratie existenzgefährdend – und die größte und wichtigste dieser Welt nähert sich bedrohlich diesem Zustand.

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