SN.AT / Wirtschaft

Die Hüter des Euro stecken in der Zwickmühle

Notenbanker sind Politikern zu Hilfe geeilt. Statt Dank streifen die Währungshüter die Prügel ein - für die Versäumnisse der Politik.

Richard Wiens

Vor vielen Jahren wurde für ein Haarshampoo damit geworben, dass es zwar sauteuer sei, aber dass es auch wirke. Diesen Slogan könnte man getrost auch auf die Politik der Europäischen Zentralbank umlegen. "Die Geldpolitik ist sauteuer, aber sie wirkt."

Dass sie wirkt, ist unbestritten, aber die Meinungen über positive und negative Effekte der Geldflut gehen weit auseinander. Die EZB heftet sich an die Fahnen, es sei ihr gelungen, ein Abrutschen der Eurozone in die Deflation zu verhindern. Die Spirale aus sinkenden Preisen und Löhnen fürchten Notenbanken mehr als alles andere. Daher tat man alles, um zumindest einen minimalen Preisauftrieb zu erzeugen. Aber das Argument der Währungshüter, dass man alles unternehmen müsse, um das von ihnen angepeilte Inflationsziel von knapp zwei Prozent zu erreichen, läuft bald ins Leere. Die Inflation steigt bereits und der Trend wird sich fortsetzen, zumal der dämpfende Effekt niedriger Ölpreise zu Ende geht.

Je klarer absehbar ist, dass die Inflation allmählich anzieht, desto heikler wird die Situation für die Zen tralbanker. Warten sie zu lang mit dem Ausstieg, und Geldpolitik hat sechs bis neun Monate Vorlaufzeit, geraten sie in Gefahr, den dann einsetzenden und lang ersehnten wirtschaftlichen Aufschwung mit höheren Zinsen rasch wieder abwürgen zu müssen.

Das Dilemma der Währungshüter sieht man aber auch daran, dass sie sich, ohne das zu wollen, der Politik ausgeliefert haben. Wie sehr, das zeigt sich in diesen Dezembertagen deutlich. Offiziell würden Mario Draghi & Co. ihren geldpolitischen Kurs nie und nimmer mit politischen Turbulenzen in einem Euroland begründen. Aber die Regierungskrise in Italien und die missliche Lage der Banken in Europas drittgrößter Volkswirtschaft bestimmen ihr Handeln. Das zeigt die Entscheidung, die Anleihenkäufe ab April fortzusetzen, wenn auch in reduziertem Umfang.

Die Gefahren der Niedrigzinspolitik sind den Notenbankern bewusst. Sie führt zu Verzerrungen auf den Finanzmärkten und schürt Unmut in der Bevölkerung, die sieht, wie ihre Sparguthaben schmelzen und sich der Staat auf ihre Kosten entschuldet. Umso ärgerlicher ist, dass Politiker in vielen Ländern den durch die niedrigen Zinsen gewonnenen Spielraum kaum nützen. Nicht dafür, um die Struktur ihrer Ausgaben zu durchforsten, und auch nicht dafür, um in den Ausbau der Infrastruktur zu investieren. Notenbanker und Politiker sind eine Verbindung eingegangen, die viele Bürger als Nachteil empfinden. Ein gefährlicher Zustand, der bald ein Ende finden sollte.

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