Beim EU-Gipfel soll es also von den Staats- und Regierungschefs keine gemeinsame Erklärung zur Türkei geben, die eine Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen anspricht. Das hat Sebastian Kurz jetzt vier Tage lang rund um den EU-Außenministerrat öffentlich zelebriert.

In seiner Stimme schwang nicht nur die ihm sonst so eigene selbstbewusste Unbekümmertheit mit, sondern fast so etwas wie Stolz, nach dem Motto: "Seht her, und ich habe das per Veto verhindert!" Formal stimmt das auch. In der EU herrscht in außenpolitischen Belangen (leider!) nach wie vor das Einstimmigkeitsprinzip. Das ist der Grund, warum die Außenminister in der Union meistens wie gelähmt dastehen – ob es um das Reagieren auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie in Aleppo geht oder eben um die Verabschiedung von Schlusspapieren für EU-Gipfel.

Kurz hat eine vorbereitete Gipfelerklärung verhindert. Was für eine Großtat! Das mag ihm bei den Türkei- und EU-Feinden in Österreich Punkte bringen. Aber es war dennoch sein erster wirklich schwerer Fehler als Außenminister. So wichtig und richtig seine inhaltliche Kritik an türkischen Machthabern und Rechtsverletzungen in Ankara auch ist: Politisch hat er damit nichts erreicht – seit Juli. Österreich steht nun völlig isoliert da. Die Türkei-Verhandlungen werden auch nicht "eingefroren"; sie "ruhen" ohnehin. EU-Kommissar Johannes Hahn hat die Wiener Obsession richtig benannt: "eine künstliche Debatte". (Thomas Mayer, 13.12.2016)