Kommentar

Ein längst fälliger Schritt

Die Zinserhöhung in den USA ist zwar zu begrüssen, sie kommt aber reichlich spät. Sollte Donald Trump seine Pläne umsetzen, könnte die zögerliche Geldpolitik die USA teuer zu stehen kommen.

Thomas Fuster
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Federal Reserve in Washington D.C. (Bild: Kevin Lamarque / Reuters)

Federal Reserve in Washington D.C. (Bild: Kevin Lamarque / Reuters)

Eigentlich sah der Plan ganz anders aus: Als die amerikanische Notenbank vor Jahresfrist erstmals seit Juni 2006 die Leitzinsen zaghaft erhöhte, war vorgesehen, diese Wende 2016 mit etwa vier weiteren Zinsschritten stetig fortzusetzen. Es kam anders: So hat es ein volles Jahr gedauert, ehe sich Amerikas Währungshüter am Mittwoch zu einer zweiten bescheidenen Zinserhöhung durchrangen. Die Anpassung um 25 Basispunkte ist zwar zu begrüssen, sie kommt aber reichlich spät.

Die Fortsetzung der Zinswende hätte nämlich schon im Frühjahr erfolgen können. Doch das Fed fand stets neue Ausreden, um eine Zinserhöhung auf die lange Bank zu schieben. Die Liste entsprechender Vorwände ist lang: zu geringe Lohnsteigerungen, zu tiefe Erdölpreise, unruhige Finanzmärkte, ein volatiles China, das Brexit-Votum, die Wahlen in den USA oder schlicht das Fehlen neuer Daten für Amerikas Aufschwung. Dabei gibt es an diesem Aufschwung schon seit geraumer Zeit kaum noch Zweifel: Immerhin wächst die Wirtschaft der USA um über 3 Prozent, und die Arbeitslosenquote liegt mit 4,6 Prozent auf dem tiefsten Stand seit neun Jahren.

Mit seinen wechselhaften Begründungen für das zinspolitische Abseitsstehen hat sich das Fed keinen Gefallen getan. So stieg in den vergangenen Monaten die Unsicherheit, an welchen Kriterien die wichtigste Notenbank der Welt ihre Geldpolitik überhaupt ausrichtet. Diese Zweifel unterhöhlten nicht nur die geldpolitische Glaubwürdigkeit. Sie machten die Währungsbehörde auch angreifbar für politische Attacken, wie sie im Wahlkampf namentlich Donald Trump lancierte.

Die wankelmütige Politik könnte ausserdem zu hohen Kosten führen, sollte Trump seine Wirtschaftspläne in die Tat umsetzen. Die vom designierten Präsidenten angedachten Stimuli in Form von Steuersenkungen und Ausgabensteigerungen dürften nämlich die Kerninflation, die mit 1,7 Prozent schon nahe am Zielwert von 2 Prozent liegt, zusätzlich anheizen. Die Notenbank könnte dadurch in die heikle Lage geraten, der Inflationsentwicklung nachzuhinken, also «hinter die Kurve» zurückzufallen, wie dies im geldpolitischen Jargon heisst. Sie sähe sich dadurch gezwungen, die monetären Zügel viel rascher und kräftiger anzuziehen, als dies ihrem Ziel einer graduellen Normalisierung entspricht.

Das Fed betont, eine solch schockartige und aggressive Verschärfung der Geldpolitik unter allen Umständen verhindern zu wollen, weil die USA dadurch in eine Rezession stürzen könnten. Mit ihrer allzu zögerlichen Politik hat die Notenbank aber genau dieses Szenario wahrscheinlicher werden lassen. Daran ändert auch die homöopathische Zinskorrektur vom Mittwoch wenig.