"Forderungen, Muslimen die Einreise in die USA zu verwehren, sind beleidigend und verstoßen gegen die Verfassung" – auch Mike Pence hat das einmal so gesehen. Da war er noch Gouverneur von Indiana. Jetzt, da US-Präsident Donald Trump genau dies per Dekret hat Realität werden lassen, hat sein Vize offenbar kein Problem mehr damit.

Technisch ist die Anordnung zwar kein grundsätzlicher Bann aufgrund von Religionszugehörigkeit, doch das vorläufige Einreiseverbot für Bürger aus den sieben mehrheitlich muslimischen Staaten Irak, Iran, Libyen, Somalia, Syrien, Sudan und Jemen und die zunächst komplette Blockade für syrische Flüchtlinge wird sicher nicht nur in diesen Ländern so empfunden.

Damit ist die grundlegende Motivation, aus der Trump angeblich handelt, bereits ad absurdum geführt: Die USA sollen durch diesen Schritt sicherer werden, der Präsident sieht sein Dekret als geeignetes Mittel, um das Land vor Terroristen zu schützen. Dabei werden islamistische Extremisten nicht nur in den betroffenen Ländern diesen Schritt genüsslich in ihre Propaganda einfließen lassen: Seht her, wir haben es ja immer gesagt, Amerika führt einen Krieg gegen den Islam. Trump macht die USA eher noch mehr zu einem Ziel, als dass er die Terrorgefahr eindämmen würde.

Ganz abgesehen davon: Was ist mit Saudi-Arabien, Afghanistan oder Pakistan? Um nur einige Länder zu nennen, die einem im Zusammenhang mit Terrorismus noch in den Sinn kommen. Das kann es also nicht sein.

Dass ein Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien oder anderen muslimischen Ländern den amerikanischen Sicherheitsinteressen zuwiderläuft, wiederholen insbesondere die Profis aus Militär und staatlichen Sicherheitsbehörden in diesen Tagen.

Zugleich erscheint auch Trumps Argumentation, er wolle die Aufnahme von Flüchtlingen vorläufig suspendieren, damit striktere Überprüfungsmechanismen installiert werden können, nur vorgeschoben: Schon jetzt sind die Prüfungen extrem intensiv. Die Befragungen und Hintergrundermittlungen, an denen unter anderem das nationale Terrorabwehrzentrum, das FBI, das Verteidigungsministerium, das Außenministerium sowie die Zoll- und Grenzbehörde beteiligt sind, können eineinhalb bis zwei Jahre dauern. Erst dann werden die absolut Schutzbedürftigsten aufgenommen.

Einfache Antwort, schwerwiegende Folgen

Was Trump angeordnet hat, ist also nicht nur kaum versteckter Rassismus und auch verfassungsrechtlich äußerst fragwürdig. Es ist auch noch wenig effektiv, geht an den eigentlichen Problemen vorbei oder verschärft sie noch – und hat erst einmal nur ein unglaubliches Chaos zur Folge.

Selbst amerikanische Staatsbürger wurden an den Flughäfen festgehalten und an der Einreise gehindert. Bereits ausgestellte Visa waren plötzlich ungültig. Flüchtlinge, denen in ihrer Heimat der Tod droht, wurden abgewiesen. Angesichts der vagen Ausgestaltung des Dekrets haben die Behörden relativ freie Hand, während Gerichte gezwungen sind zu klären, was geht und was nicht – Verletzungen von Menschen – und Bürgerrechten bleiben dabei erst einmal nicht aus. Das internationale Recht scheint dabei weitgehend seine Bedeutung verloren zu haben, zumindest für die amtierende US-Regierung.

Trump gibt mit dem Einreisestopp eine äußerst einfache Antwort auf die Bedrohung durch den Terrorismus. Seine andere, den "Islamischen Staat" zur Hölle zu bomben, ist auch nicht komplexer. Schon nach der ersten Woche seiner Präsidentschaft gewinnt man den Eindruck, dass er sich bisher nicht die Zeit genommen hat, die drängenden Probleme zu durchdenken – und es wohl auch nicht mehr tun wird.

Er würde auf kluge Berater hören, das war einmal die Hoffnung. Die hat längst ihre Berechtigung verloren, spätestens mit dem Rauswurf militärischer und ziviler Experten aus dem Nationalen Sicherheitsrat, wo nur noch Trumps politische Einflüsterer den Ton angeben sollen.

Trump hat nicht ein sicheres Amerika im Sinn, er zielt ganz offensichtlich auf etwas anderes: Er bedient die Angst seiner Anhänger vor dem Fremden, wie sie sich auch in den Gewaltakten gegen Muslime und andere Minderheiten in den USA schon während seines Wahlkampfs Bahn gebrochen hat. Es ist – wieder einmal – ein brutal kurzsichtiger Schritt, der wenig geeignet ist, seine angeblichen Ziele zu erfüllen. Der dafür umso mehr die Grundlage für neuen Hass schafft: in den USA selbst wie in der arabischen Welt.