Kommentar

Putins gescheiterte Amerika-Politik

Der Kremlherr hat sein Land in den vergangenen Jahren in eine Sackgasse geführt. Nun muss er schmerzlich erfahren, dass ihm der neue amerikanische Präsident nicht aus der Bredouille helfen wird.

Andreas Rüesch
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Der amerikanische Aussenminister Rex Tillerson zu Besuch in Moskau. (Bild: Sergei Chirikov / EPA)

Der amerikanische Aussenminister Rex Tillerson zu Besuch in Moskau. (Bild: Sergei Chirikov / EPA)

Wie rasch sich doch die Massstäbe verschieben: Noch vor wenigen Monaten kursierten Karikaturen von Donald Trump und Wladimir Putin, vereint in einem innigen Bruderkuss. Aus der offenen Bewunderung des republikanischen Präsidentschaftskandidaten für den starken Mann in Moskau schloss so mancher Beobachter vorschnell auf ein nahendes russisch-amerikanisches Tauwetter. Gekommen ist es ganz anders. Trump hat bereits viele ausländische Staatsführer getroffen; einer Begegnung mit Präsident Putin ist er jedoch beharrlich ausgewichen.

Tillersons Besuch markiert das Ende des russischen Traums von einem Freund im Weissen Haus.

Die russische Seite fühlt sich deshalb düpiert. Diese Woche mussten die Amerikaner fast schon darum betteln, für Aussenminister Rex Tillerson einen Termin im Kreml zu erhalten – ausgerechnet für Tillerson, der noch vor wenigen Jahren in seiner Funktion als Erdölkonzernchef von Putin mit dem Orden der Freundschaft geehrt worden war. Dass der Kremlchef ihm zuletzt doch noch eine Audienz gewährte, besagt wenig. Alles andere wäre ein Affront gewesen. Seit der Stalin-Zeit hat jeder amerikanische Aussenminister bei seinem Antrittsbesuch in Moskau den Staats- oder Parteichef treffen können, selbst mitten im Kalten Krieg.

Die eisige Atmosphäre während Tillersons Besuch markiert wohl das vorläufige Ende des russischen Traums von einem Freund im Weissen Haus. Zwölf Wochen nach Trumps Amtsantritt sieht sich Putin mit der Tatsache konfrontiert, dass seine letztjährige Desinformationskampagne zur Verhinderung einer Präsidentin Hillary Clinton nicht die erhofften Dividenden abwirft. Hatte die russische Propagandamaschinerie früher die Regierung Obama als Inbegriff der Bösartigkeit hingestellt, musste Putin nun am Fernsehen eine weitere Verschlechterung der Beziehungen unter Trump einräumen. Ministerpräsident Dmitri Medwedew warf den USA gar vor, die beiden Länder an den Rand eines militärischen Konflikts geführt zu haben.

Unmittelbarer Anlass ist der Krieg in Syrien, wo die Amerikaner vergangene Woche erstmals eine militärische Strafaktion gegen das Regime Asad durchführten – Russlands Verbündeten. Dies löste eine akute Krise zwischen Washington und Moskau aus, deren Bewältigung nun kühle Köpfe auf beiden Seiten erfordert. Doch stattdessen drehte Russland die Eskalationsspirale weiter, indem es den Militärdialog mit den USA aufkündigte, der einen Zusammenstoss zwischen den Truppen der beiden Länder in Syrien verhindern soll. Umgekehrt erhöhten die USA den Druck, indem sie Russland bezichtigten, mit Falschinformationen über den Giftangriff von Idlib ein Kriegsverbrechen vertuschen zu helfen.

Die Gründe für den gegenwärtigen Krieg der Worte reichen jedoch tiefer. Es war stets eine Illusion, von Trump eine Verbrüderung mit Putin zu erwarten. Erstens hat Moskau dem «Dealmaker» im Weissen Haus wenig zu bieten, weder wirtschaftlich noch geostrategisch. Das Angebot, gemeinsam «die Terroristen» in Syrien zu bekämpfen, blendete aus, dass es für Amerika undenkbar ist, sich in die russisch-iranische Allianz aufseiten Asads einzureihen. Der amerikanische Militärschlag hat dies den Russen nun auf drastische Weise gezeigt; darin liegt seine eigentliche Bedeutung, nicht in den Zerstörungen auf der betroffenen Militärbasis. Zweitens besteht für Washington kein Anlass, dem Kreml Geschenke zu machen, etwa mit gelockerten Sanktionen oder einem Verzicht auf die amerikanische Militärpräsenz in Osteuropa. Drittens kann sich Trump angesichts der russischen Einmischung in die letztjährigen Wahlen nicht erlauben, nun als Marionette des Kremls zu erscheinen. Solange die Russland-Affäre weiterschwelt, und dies dürfte sie noch lange, macht Trump aus innenpolitischen Gründen am besten einen Bogen um Putin.

Damit ist der Kremlchef seinem Ziel, Russland Prestige und Anerkennung als Grossmacht zu verschaffen, unter Trump nicht nähergekommen, im Gegenteil. Die kalte Schulter der USA und die ultimative Forderung, mit Asad zu brechen, sind schmerzliche Zeichen dafür, dass Russlands Politik gescheitert ist. Zwar erzielte Putin in den vergangenen Jahren verblüffende taktische Erfolge – mit der Annexion der Krim, der «Rettung» des syrischen Regimes, den spektakulären Hackerangriffen in den USA. Aber auf strategischer Ebene hat er damit nur eines erreicht: die zunehmende Isolation seines Landes.