Kommentar

Russland ist bei Donald Trumps Turbulenzen der lachende Dritte

Die Ernennung eines Sonderermittlers hat sich Donald Trump selbst zuzuschreiben. Die anhaltenden Turbulenzen in Washington dürften derweil Russland höchst zufrieden stimmen.

Marie-Astrid Langer
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116 Tage im Weissen Haus hat es gedauert, bis Donald Trump einen Sonderermittler am Hals hatte. Für den Präsidenten bedeutet das eine Hiobsbotschaft: Das lästige Russland-Thema, das seit dem Amtsantritt an ihm klebt, wird ihn nun auf unbestimmte Zeit begleiten – mit nicht vorhersehbaren Folgen. Die Geschichte bietet genügend abschreckende Beispiele für Skandale, die solche Ermittler schon ausgegraben haben.

Nun hat Trump also einen weiteren Spürhund an den Fersen, der nach einer Russland-Verbindung schnüffelt. Dass es so weit gekommen ist, hat Trump – allen Twitter-Stürmen zum Trotz – allein sich selbst zuzuschreiben. Mit der Entlassung des FBI-Chefs James Comey vergangene Woche hat er einen Stein losgetreten, der ihn nun überrollen könnte. Sein Kalkül, damit die lästigen Russland-Ermittlungen zu lähmen, ging nicht auf. Trump hat eklatante Fehler begangen: Die Personalentscheidung fiel nicht nur überstürzt, sie wurde auch intern wie extern grotesk schlecht kommuniziert. So hat das Weisse Haus durch widersprüchliche Aussagen Glaubwürdigkeit verspielt, was es jetzt – angesichts eines nicht abreissenden Stroms täglich neuer Anschuldigungen – teuer bezahlt.

Vor allem aber hat Trump sich gründlich verrechnet, als er für Comeys plötzliche Entlassung den stellvertretenden Justizminister Rob Rosenstein vorschieben wollte. Als Bauernopfer des Präsidenten wollte Rosenstein sich nicht hergeben – zu sehr hängt seine weitere Karriere an dem mühsam aufgebauten Ruf als integre Persönlichkeit. Um dieses Image zu verteidigen, musste Rosenstein schon fast einen Sonderermittler ernennen – und rächt sich nebenbei an Trump, der ihn vorführen wollte.

Darüber hinaus werden auch die von Trump gehassten «mainstream media» weiter nach Schmutz an seinen Schuhen suchen – bisher war die Jagd schliesslich sehr ergiebig. Als lachender Dritter beobachtet die russische Regierung das Treiben auf dem Kapitol. Moskau hat das Ziel, mit seinen Interventionen die amerikanische Demokratie zu destabilisieren, mehr als erreicht. Washington ist derzeit zu sehr mit innenpolitischen Tumulten beschäftigt, als dass es etwa Sanktionen gegen die russischen Cyberangriffe forcieren oder Russland sonst gefährlich werden könnte.

Der russische Präsident Vladimir Putin an einer Pressekonferenz in Sotschi (17. Mai). (Bild: Yuri Kadobnov / EPA)

Der russische Präsident Vladimir Putin an einer Pressekonferenz in Sotschi (17. Mai). (Bild: Yuri Kadobnov / EPA)

Auch für Propagandazwecke eignet sich der Zwist in Washington vorzüglich. Auf eine Frage zur Entlassung des FBI-Chefs sagte der russische Aussenminister Sergei Lawrow unlängst lachend, er hätte nie gedacht, dass er Derartiges beantworten müsse – besonders in Amerika, mit seiner grossartig entwickelten Demokratie und dem politischen System. Grosszügig bot sich auch Präsident Putin als Schlichter im Streit über Trumps Ausplaudern vertraulicher Geheimdienstinformationen an: Er könne gerne seine Aufzeichnungen des Gesprächs publizieren, um dem amerikanischen Präsidenten zur Seite zu stehen, sagte Putin.

Für Russland ist die Nachricht eines Sonderermittlers somit eine gute: Jener garantiert, dass die russische Einmischung in den amerikanischen Wahlkampf noch lange für Zwist in Amerika sorgen wird. Vor dem Ermittlungsergebnis fürchten muss sich Moskau – anders als Präsident Trump – hingegen nicht: Dass Russland im Wahlkampf mitgemischt hat, wissen ohnehin längst alle.