Es gilt fast als Naturgesetz unter einer einflussreichen Gruppe von Politikwissenschaftern: Wenn sich die größte Macht nicht global engagiert, dann versinkt die Welt in Anarchie.

Diese Hypothese der sogenannten Realisten wird dieser Tage in einem realen Feldversuch getestet: Die US-Regierung von Donald Trump versucht sich derzeit von fast allen weltpolitischen Verpflichtungen zu befreien. Sie steigt aus dem Klimaabkommen aus, provoziert Handelskonflikte, unterminiert die Nato und streicht Gelder für UN-Friedensmissionen in Haiti und Afrika. Dazu kommt die Anfeuerung von Saudi-Arabien im Konflikt mit Katar, der das fragile Gleichgewicht am Persischen Golf gefährdet.

Unberechenbarkeit der US-Politik

Der kommende G20-Gipfel in Hamburg wird die übrigen globalen Machtzentren daher auf eine harte Probe stellen. Werden sie die Regeln für internationale Zusammenarbeit weiter befolgen oder dem Beispiel Trumps folgen und nur kurzfristige nationale Interessen verfolgen? Ein solches Verhalten ist Politikern wie Wladimir Putin, Xi Jinping oder auch Theresa May nicht fremd. Allerdings wissen sie, dass die Unberechenbarkeit der US-Politik jede einzelne Provokation in der Welt noch viel gefährlicher macht.

Bilden sich unter den G20-Staaten über die Achse Merkel-Macron hinaus weitere konstruktive Allianzen, dann sind Trumps Eskapaden wohl verkraftbar. Andernfalls stehen die globalen Zeichen auf Sturm. (Eric Frey, 2.7.2017)