Der Hass der Ultrarechten, der in Virginia eskalierte, ist tief in der amerikanischen Vergangenheit verwurzelt. Zusätzlichen Aufwind haben sie durch Trumps Wahl erhalten. Nun muss der Präsident sich klar von ihnen distanzieren.
Es ist ein Hass, wie man ihn in Europa von islamistischen Terroristen kennt: Ein Autofahrer rast in Charlottesville, Virginia, in eine Gruppe von Demonstranten, Dutzende werden verletzt, eine Person stirbt.
Mit der Amokfahrt von Samstag eskaliert in den USA ein Konflikt, der so alt ist wie der 1865 zu Ende gegangene Bürgerkrieg – und der seit Monaten, wenn auch von europäischen Medien weitgehend ignoriert, verstärkt auflodert.
Vordergründig geht es darum, wie mit Denkmälern aus dem Bürgerkrieg umzugehen ist, die es bizarrerweise bis heute vielerorts in Amerika gibt und die die Niederlage der Südstaaten verklären. Tatsächlich wurzelt das Problem aber noch tiefer: in den rassistischen Überlegenheitsphantasien einzelner Weisser.
Präsident Donald Trump hat recht, wenn er sagt, dass dieser Konflikt seit langer, langer Zeit herrsche – und nicht erst seit seiner Präsidentschaft oder der seines Vorgängers. Der Rassenkonflikt plagt das Land wie ein Krebsgeschwür, unabhängig davon, welcher Mann oder welche Frau im Weissen Haus sitzt. Dass Amerika seine Vergangenheit sträflich schlecht aufgearbeitet hat, rächt sich.
Gleichzeitig ist nicht von der Hand zu weisen, dass Trumps Wahl den Ultrarechten neuen Auftrieb verliehen hat: Im Wahlkampf flirtete er mit deren Gedankengut und griff mit Slogans wie «Wir holen uns unser Land zurück» ihre Rhetorik auf. Zu lange weigerte Trump sich auch, sich von dem Neonazi und ehemaligen Ku-Klux-Klan-Anführer David Duke zu distanzieren. Sich die Stimmen der Rechten zu sichern, war zu verlockend im Wahlkampf.
Mit dem ehemaligen «Breitbart»-Chef Stephen Bannon hat Präsident Trump schliesslich einen Bannerträger der Ultrarechten zu seinem Chefstrategen gekürt; aus dem gleichen Lager stammt sein Redenschreiber Stephen Miller. Auch der jetzige Justizminister Jeff Sessions sympathisierte seit Jahren mit «Breitbart» und spannte mit Bannon im Bestreben zusammen, die Zuwanderung ins Land zu beschränken. Entsprechend unglaubwürdig wirken nun seine Verurteilungen der Ausschreitungen in Virginia. Mit Worten kann er die Vergangenheit nicht kaschieren.
Nicht von ungefähr marschierten die Ultrarechten am Samstag mit Trumps Wahlplakaten und gelobten, dessen Versprechen umzusetzen. Trump ist nicht verantwortlich für den jüngsten Konflikt, aber durch seine Wahl fühlen sich die Ultrarechten in ihren Forderungen bestätigt.
Wichtig wäre nun, dass der Präsident explizit die Taten der Suprematisten verurteilt, sich klar von ihnen distanziert und ihnen mit der Macht seines Amtes einen Riegel vorschiebt. Sonst war die Amokfahrt von Samstag möglicherweise nur der Anfang. Die Rechten haben bereits versprochen zurückzukehren.