Kommentar

Die Geister, die Trump rief

Der Hass der Ultrarechten, der in Virginia eskalierte, ist tief in der amerikanischen Vergangenheit verwurzelt. Zusätzlichen Aufwind haben sie durch Trumps Wahl erhalten. Nun muss der Präsident sich klar von ihnen distanzieren.

Marie-Astrid Langer
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Muss sich von den Ultrarechten distanzieren: Donald Trump. (Bild: Jonathan Ernst / Reuters)

Muss sich von den Ultrarechten distanzieren: Donald Trump. (Bild: Jonathan Ernst / Reuters)

Es ist ein Hass, wie man ihn in Europa von islamistischen Terroristen kennt: Ein Autofahrer rast in Charlottesville, Virginia, in eine Gruppe von Demonstranten, Dutzende werden verletzt, eine Person stirbt.

Mit der Amokfahrt von Samstag eskaliert in den USA ein Konflikt, der so alt ist wie der 1865 zu Ende gegangene Bürgerkrieg – und der seit Monaten, wenn auch von europäischen Medien weitgehend ignoriert, verstärkt auflodert.

Vordergründig geht es darum, wie mit Denkmälern aus dem Bürgerkrieg umzugehen ist, die es bizarrerweise bis heute vielerorts in Amerika gibt und die die Niederlage der Südstaaten verklären. Tatsächlich wurzelt das Problem aber noch tiefer: in den rassistischen Überlegenheitsphantasien einzelner Weisser.

Präsident Donald Trump hat recht, wenn er sagt, dass dieser Konflikt seit langer, langer Zeit herrsche – und nicht erst seit seiner Präsidentschaft oder der seines Vorgängers. Der Rassenkonflikt plagt das Land wie ein Krebsgeschwür, unabhängig davon, welcher Mann oder welche Frau im Weissen Haus sitzt. Dass Amerika seine Vergangenheit sträflich schlecht aufgearbeitet hat, rächt sich.

Gleichzeitig ist nicht von der Hand zu weisen, dass Trumps Wahl den Ultrarechten neuen Auftrieb verliehen hat: Im Wahlkampf flirtete er mit deren Gedankengut und griff mit Slogans wie «Wir holen uns unser Land zurück» ihre Rhetorik auf. Zu lange weigerte Trump sich auch, sich von dem Neonazi und ehemaligen Ku-Klux-Klan-Anführer David Duke zu distanzieren. Sich die Stimmen der Rechten zu sichern, war zu verlockend im Wahlkampf.

Mit dem ehemaligen «Breitbart»-Chef Stephen Bannon hat Präsident Trump schliesslich einen Bannerträger der Ultrarechten zu seinem Chefstrategen gekürt; aus dem gleichen Lager stammt sein Redenschreiber Stephen Miller. Auch der jetzige Justizminister Jeff Sessions sympathisierte seit Jahren mit «Breitbart» und spannte mit Bannon im Bestreben zusammen, die Zuwanderung ins Land zu beschränken. Entsprechend unglaubwürdig wirken nun seine Verurteilungen der Ausschreitungen in Virginia. Mit Worten kann er die Vergangenheit nicht kaschieren.

Nicht von ungefähr marschierten die Ultrarechten am Samstag mit Trumps Wahlplakaten und gelobten, dessen Versprechen umzusetzen. Trump ist nicht verantwortlich für den jüngsten Konflikt, aber durch seine Wahl fühlen sich die Ultrarechten in ihren Forderungen bestätigt.

Wichtig wäre nun, dass der Präsident explizit die Taten der Suprematisten verurteilt, sich klar von ihnen distanziert und ihnen mit der Macht seines Amtes einen Riegel vorschiebt. Sonst war die Amokfahrt von Samstag möglicherweise nur der Anfang. Die Rechten haben bereits versprochen zurückzukehren.

Nach den Protesten mit Todesopfern in Charlottesville vor einem Jahr ging eine Welle der Empörung durch die USA. Zum Jahrestag wappnen sich die Stadt und der Gliedstaat Virginia für neue Zwischenfälle. Damals waren bei einem Aufmarsch ultrarechter Gruppen Rechtsextreme und Gegendemonstranten aneinandergeraten (12. 8. 2017). (Bild: Joshua Roberts / Reuters)
26 Bilder
An einer Kundgebung rechtsnationalistischer und rassistischer Gruppen entzündet sich massive Gewalt (12. 8. 2017). (Bild: Imago)
Ein Rassist und ein schwarzer Gegendemonstrant gehen aufeinander los (12. 8. 2017). (Bild: Joshua Roberts / Reuters)
Manche der rechtsextremen Demonstranten tragen Mützen mit Donald Trumps Slogan «Make America great again» (12. 8. 2017). (Bild: Steve Helber / AP)
Die rechtsnationalen Gruppen marschieren mit Fahnen durch die Strassen von Charlottesville (12. 8. 2017). (Bild: Joshua Roberts / Reuters)
Dieser Kundgebungsteilnehmer gehört zur extremen Gruppierung der White Supremacists, welche die Vorherrschaft der weissen Rasse propagiert (12. 8. 2017). (Bild: Joshua Roberts / Reuters)
Auch die Gegner der Rechtsextremen haben mobilgemacht und versammeln sich zu einer Gegendemonstration (12. 8. 2017). (Bild: Joshua Roberts / Reuters)
Das Zusammenprallen der beiden unterschiedlichen Lager verläuft heftig, es kommt zu drei Todesopfern und zahlreichen Verletzten (12. 8. 2017). (Bild: Joshua Roberts / Reuters)
Eine Rauchbombe wird auf die Teilnehmer der Gegendemonstration abgefeuert (12. 8. 2017). (Bild: Joshua Roberts / Reuters)
Dieser Rechtsradikale marschiert mit Helm und Schild auf, kämpft aber gegen das eingesetzte Tränengas (12. 8. 2017). (Bild: Joshua Roberts / Reuters)
Die Konfrontation zwischen den Rechtsextremen und den Gegendemonstranten wird immer heftiger (12. 8. 2017). (Bild: Joshua Roberts / Reuters)
Eine Frau stirbt, nachdem ein Auto – nach Angaben der Polizei vorsätzlich – in eine Gruppe von Gegendemonstranten gerast ist (12. 8. 2017). (Bild: Imago)
Ein Rassist macht den Hitler-Gruss, nur Sekunden bevor er dafür . . . (Bild: Casey Ian Patchell / Reuters)
. . . von einem Gegendemonstranten einen Schlag einstecken muss. (Bild: Casey Ian Patchell)
Die verfeindeten Gruppen prallen heftig aufeinander; dieser Gegendemonstrant wird von Rechtsradikalen mit Füssen getreten (12. 8. 2017). (Bild: Joshua Roberts / Reuters)
Einer der zahlreichen verletzten Teilnehmer der Gegendemonstration (12. 8. 2017). (Bild: Joshua Roberts / Reuters)
Diese Personen gedenken der Frau, die bei der Autoattacke getötet wurde (12. 8. 2017). (Bild: Jim Bourg / Reuters)
Polizisten trauern um zwei Kollegen, die beim Absturz eines Einsatzhelikopters in Charlottesville umkamen (12. 8. 2017). (Shelby Lum / Richmond Times-Dispatch / AP)
Der demokratische Bürgermeister der Kleinstadt Charlottesville, Michael Signer, findet deutliche Worte: «Ich lege die Verantwortung für vieles, was Sie heute in Amerika sehen, direkt vor die Haustür des Weissen Hauses.» (12. 8. 2017.) (Bild: Steve Helber / AP)
In der nordkalifornischen Stadt Oakland demonstrieren Hunderte von Personen gegen den Aufmarsch der ultrarechten Szene in Charlottesville (12. 8. 2017). (Bild: Noah Berger / AP)
Die Demonstranten in Oakland legen ganze Strassen lahm (12. 8. 2017). (Bild: Stephen Lam / Reuters)
Eine Demonstrantin beteiligt sich in Oakland an einem Protest gegen die Gewalt bei dem Rassistenaufmarsch in Charlottesville (12. 8. 2017). (Bild: Stephen Lam / Reuters)
Sie setzen im kalifornischen Oakland ein Zeichen gegen extremen Nationalismus (12. 8. 2017). (Bild: Stephen Lam / Reuters)
Beim Absturz eines Helikopters kommen in Charlottesville zwei Polizisten ums Leben. Passanten legen das Bild eines der Getöteten und Blumen auf die Strasse (13. 8. 2017). (Bild: Justin Ide / Reuters)
Zwei Frauen, die das Geschehen miterlebt haben, spenden sich am Tag nach der Attacke Trost (13. 8. 2017). (Bild: Tasos Katopodis / EPA)
In Charlottesville haben zahlreiche Menschen Blumen niedergelegt, um gegen die rassistisch motivierte Gewalt zu demonstrieren (13. 8. 2017). (Bild: Justin Ide / Reuters)

Nach den Protesten mit Todesopfern in Charlottesville vor einem Jahr ging eine Welle der Empörung durch die USA. Zum Jahrestag wappnen sich die Stadt und der Gliedstaat Virginia für neue Zwischenfälle. Damals waren bei einem Aufmarsch ultrarechter Gruppen Rechtsextreme und Gegendemonstranten aneinandergeraten (12. 8. 2017). (Bild: Joshua Roberts / Reuters)