Kommentar

Der Machtkampf in Katalonien ist noch nicht ausgetragen

Die Separatisten in Barcelona feiern euphorisch. Der Alltag dürfte sie aber bald einholen. Denn die Unabhängigkeitserklärung richtet realen Schaden an.

Werner J. Marti
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Für die Katalanen wird es ein böses Erwachen geben.(Yves Herman/Reuters)

Für die Katalanen wird es ein böses Erwachen geben.(Yves Herman/Reuters)

Tausende von Katalanen haben am Freitagabend in euphorischer Stimmung vor dem Regionalparlament die Unabhängigkeitserklärung ihrer Legislative gefeiert. Die Fernsehbilder erinnerten fast an Szenen, die man in anderen Ländern nach dem Fall einer Diktatur sehen kann. Sie unterstrichen die Frustration über das Zusammenleben mit Madrid, die sich in einem bedeutenden Teil der katalanischen Bevölkerung breitgemacht hat.

Hohe Kosten des Separatismus

Auf das Fest dürfte allerdings in den kommenden Tagen und Wochen die Ernüchterung folgen. Die Unabhängigkeitserklärung ist nicht mehr als ein symbolischer Akt ohne reale Konsequenzen für die Selbstbestimmung, solange sie weder von Madrid noch von irgend einem anderen Land der Welt anerkannt wird. Doch sie ist gleichzeitig auch ein Akt, der für Katalonien in nächster Zeit grosse Kosten und Gefahren mit sich bringen dürfte. Die damit entstandene Unsicherheit kann nicht nur in Katalonien, sondern in ganz Spanien beträchtlichen wirtschaftlichen Schaden bewirken. Eine Schwächung des Wachstums und ein weiterer Abzug von Firmen und Investitionen aus Katalonien dürften kaum zu verhindern sein.

Der Machtkampf in Katalonien könnte in den nächsten Tagen dramatisch werden. Ministerpräsident Rajoy ist nun gefordert bei der Durchsetzung seiner Massnahmen zur Übernahme der Regierungsgewalt in Katalonien. Es ist wohl selbst für ihn nicht ganz klar, wie dies letztlich genau geschehen soll. Die Regionalregierung ist mit der Publikation im Amtsblatt in Madrid vom Samstag offiziell abgesetzt. Rajoy hat am frühen Samstagmorgen auf dem Papier die Amtsgeschäfte des katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont übernommen. Doch letzterer befindet sich weiterhin als freier Mann in Barcelona und kann theoretisch seinen Untergebenen Anweisungen erteilen.

Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy lässt es sich am Sonntag nicht nehmen, nach fast zweimonatiger Abwesenheit persönlich in Barcelona aufzutreten. Er fordert die «schweigende Mehrheit» der Katalanen auf, sich am Urnengang zu beteiligen und den Separatisten die Stirn zu bieten (12.11.). (Bild: Manu Fernandez / AP)
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Am Samstag haben Hunderttausende katalanische Unabhängigkeitsbefürworter in einer Grossdemonstration die Freilassung von den acht separatistischen Politikern gefordert (11.11.). (Bild: Albert Gea / Reuters)
Die Lichter ihrer Smartphones verwandeln den Grossaufmarsch von etwa 750'000 Menschen in ein Lichtermeer. Viele tragen Schilder mit der Aufschrift «Freiheit für die politischen Gefangenen» oder schwenken die «Estelada», die Flagge der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung (11.11.). (Bild: Albert Gea / Reuters)
Mit mehr als 40 Strassenblockaden beginnt am Mittwochmorgen der zweite Generalstreik in Katalonien seit dem Referendum am 1. Oktober.Mit dem Ausstand soll gegen die Inhaftierung ehemaligen Regierungsmitgliedern protestiert werden. Im Bild: Demonstranten blockieren während eines Streiks in Barcelona eine Strasse (8. November). (Bild: Toni Albir / Epa)
Am 7. November reisen 170 katalanische Bürgermeister nach Brüssel, um Puigdemont und die mit ihm geflüchteten Minister zu unterstützen. Stolz posiert Puigdemont für ein Gruppenfoto. (Bild: Geert Vanden Wijngaert / AP)
«Herr Juncker, Herr Tajani, warum unternehmen sie nichts gegen die Übergriffe einer gescheiterten Demokratie?» – Auch von Brüssel aus versucht Kataloniens abgesetzter Regionalpräsident Carles Puigdemont, alle Kräfte für die Sache der Unabhängigkeit zu mobilisieren (7. November). (Bild: Geert Vanden Wijngaert / AP)
Am Sonntagvormittag haben sich der abgesetzte katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont und vier ehemalige Minister den Justizbehörden in Brüssel gestellt. Sie werden aber in der Nacht auf Montag bereits wieder auf freien Fuss gesetzt (Bild, 5.11.). (Bild: Geert Vanden Wijngaert / AP)
Puigdemonts Anwalt Paul Bekaert wird von den Medien umschwärmt. Er hat es offensichtlich fertiggebracht, dass sein Mandant freigelassen wird (5.11.). (Bild: Olivier Hoslet / EPA)
Carles Puigdemont kurz zuvor, wie er noch im Büro des Staatsanwalts in Brüssel unter Arrest steht. Wie die Brüsseler Staatsanwaltschaft in der Nacht mitteilt, dürfen Puigdemont und seine Mitstreiter Belgien nicht ohne Erlaubnis des Untersuchungsrichters verlassen. (Bild: Yves Herman / Reuters)
Am Sonntagmittag informiert der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Gilles Dejemeppe (m.), die Medien über die Festnahme der katalanischen Ex-Minister. Die fünf Katalanen haben sich zuvor freiwillig gestellt (5.11.). (Bild: Geert Vanden Wijngaert / AP)
In Barcelona hören die Proteste nicht auf. Auch am Sonntag gehen wieder zahlreiche Demonstranten auf die Strasse, um gegen die Inhaftierung der katalanischen Politiker zu demonstrieren (5.11.). (Bild: Andreu Dalmau / EPA)
Überall in Katalonien wird gegen die Inhaftierung der Ex-Minister der Regionalregierung protestiert. Die Demonstranten rufen «Befreit politische Häftlinge!» und «Das ist keine Justiz, sondern Diktatur!» oder schweigen ostentativ, wie diese Frau in Barcelona (3.11.). (Bild: Quique Garcia / EPA)
Im belgischen Fernsehsender RTBF sagt Carles Puigdemont, er sei nicht geflohen. Er wolle sich der Justiz stellen, «aber der wirklichen, nicht der spanischen». Der entmachtete Landeschef wiederholt, er wolle in Belgien nicht Asyl beantragen und setze weiterhin auf Dialog zur Lösung des Konflikts (3.11.). (Bild: Eric Vidal / Reuters)
Puigdemont droht in Spanien allein für den Vorwurf der Rebellion eine Haftstrafe von bis zu 30 Jahren. – Tausende Menschen haben am Freitag in Katalonien ihren Unmut gegen die Festnahme mehrerer Ex-Minister der abgesetzten Regionalregierung auf die Strasse getragen (3.11.). (Bild: Manu Fernandez / AP)
Die spanische Justiz geht hart gegen die katalanischen Separatisten vor. Die meisten Angehörigen der von Madrid abgesetzten Regierung sind seit Donnerstagabend hinter Gittern. Bild: Ein Polizeiauto mit verhafteten ehemaligen Regierungsmitgliedern verlässt das Gerichtsgelände (2.11.). (Bild: Emilio Naranjo / EPA)
Ex-Regionalpräsident Puigdemont könnte bald folgen. Das Staatsgericht in Madrid hat einen Europäischen Haftbefehl gegen ihn erlassen. Neben Puigdemont sind auch vier Ex-Minister betroffen, die sich ebenfalls nach Brüssel abgesetzt haben. Sie könnten jederzeit in Belgien festgenommen und ausgeliefert werden (2.11.). (Bild: TV3 via Reuters TV)
Tausende von Demonstranten sind nach Bekanntgabe der Inhaftierungen in verschiedenen Städten Kataloniens auf die Strasse gegangen, um gegen den Beschluss der Richterin zu protestieren, wie hier in Barcelona (2.11.). (Bild: Emilio Morenatti / AP)
In der Hauptstadt Barcelona versammelten sich die Menschen schon am Nachmittag vor dem Regierungspalast (Bild). In Lleida wird die Zahl der Demonstranten auf 3000, in Tarragona auf 5000 geschätzt (2.11.). (Bild: Juan Medina / Reuters)
Überall unter den Demonstranten ist die Separatistenfahne zu sehen. Auf Plakaten wird Freiheit für die politischen Gefangenen gefordert. – Für Puigdemonts Ex-Vize Oriol Junqueras und weitere sieben Politiker ist Untersuchungshaft ohne Recht auf Kaution angeordnet worden. (Bild: Albert Gea / Reuters)
Am Donnerstagmorgen haben mehrere Angehörige der abgesetzten und wegen Rebellion angeklagten katalanischen Separatisten-Regierung in Spanien der Vorladung der Untersuchungsrichterin Folge geleistet. Unter ihnen ist überraschenderweise auch die frühere katalanische Ministerin für Institutionelle Beziehungen, Meritxell Borràs (vorne). Sie war bis zuletzt noch mit Puigdemont in Brüssel gewesen (2.11.). (Bild: Susana Vera / Reuters)
Das Medieninteresse ist gross: Viele Fotografen und Kameraleute sind vor dem Staatsgericht in Madrid in Bereitschaft, die besten Bilder aufzunehmen. Auf Puigdemont warten sie allerdings vergeblich, er hat es vorgezogen, in Brüssel zu bleiben (2.11.). (Bild: Fernando Villar / EPA)
Der frühere katalanische Präsident Artur Mas (l.) unterhält sich mit dem früheren katalanischen Regionalminister Francesc Homs (r.) vor dem Gericht (2.11.). (Bild: Fernando Alvarado / EPA)
Parallel zur Anhörung vor dem Staatsgericht finden am Donnerstag und Freitag auch Anhörungen vor dem Obersten Gericht in Madrid statt. Dort sollen die Ex-Präsidentin des katalanischen Parlaments Carme Forcadell (Bild) und vier weitere Ex-Abgeordnete des katalanischen Parlaments aussagen. Die Anhörung wird dann jedoch auf den 9. November verschoben (2.11.). (Bild: Rafael Marchante / Reuters)
Unter diesen ist auch der frühere katalanische Vizepräsident Oriol Junqueras (2.11.). (Bild: Javier Barbancho / Reuters)
Am Dienstagmittag äussert sich Carles Puigdemont (m.) im Presseklub in Brüssel und beantwortet die drängenden Fragen der Journalisten. Er sagt, dass er vorerst in Belgien bleiben wolle, aber kein Asyl im Land beantragen werde (31.10.). (Bild: Yves Herman / Reuters)
«Wir können einen Teil unserer Rechte besser garantieren und einen Teil unserer Verpflichtungen aus Brüssel erfüllen», äussert sich der Katalane gegenüber den Journalisten. (Bild: Yves Herman / Reuters)
Puigdemont bemüht sich, der europäischen Öffentlichkeit sein Bild des Konflikts in Katalonien zu erklären: das Bild einer friedlichen Bürgerbewegung gegen einen repressiven Zentralstaat. Draussen wird derweil demonstriert. (Bild: Stephanie Lecocq / EPA)
Vor dem Gebäude protestieren Sympathisanten der Unabhängigkeitsbewegung . . . (Bild: Stephanie Lecocq / EPA)
. . . ebenso wie die Gegner derselben, die für ein vereinigtes Spanien einstehen und die EU hinter sich wissen. (Bild: Stephanie Lecocq / EPA)
Zuvor hatte sich bestätigt: Carles Puigdemont hält sich in Belgien auf und hat den belgischen Anwalt Paul Bekaert (Bild) als Berater angestellt. Er habe den Separatisten «persönlich gesehen», bestätigt dieser, der am Dienstag in Tielt, Belgien, ein Interview gibt (31.10.). (Bild: Eric Vidal / Reuters)
Ob der Katalane in Belgien Asyl beantragen will, sei möglich, aber noch unklar, meinte Bekaert. Puigdemont will sich um 12 Uhr 30 den Fragen der Medienvertreter stellen (31.10.). (Bild: Olivier Matthys / AP)
Die Entscheidung Puigdemonts zur Ausreise aus Spanien löst grosse Überraschung und viel Kritik aus. Bild: Die Sprecherin der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung, Maria Jose Lecha, informiert die Medien in Barcelona über die neusten Entwicklungen (30.10.). (Bild: Javier Etxezarreta / EPA)
Der spanische Innenminister Juan Ignacio Zoido (r.), trifft sich am Montag mit Ferran Lopez l.), dem neuen Chef der katalanischen Regionalpolizei. Er war zuvor die Nummer zwei des «Mossos d'Esquadra». Sein Vorgänger, Josep Lluis Trapero, war abgesetzt worden (30.10.). (Bild: Angel Diaz / EPA/ Pool)
Die Justiz greift durch in der Katalonien-Krise: Die spanische Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Carles Puigdemont und weitere Angehörige der abgesetzten Regierung. Bild: Katalanische Polizisten stehen Wache vor dem Palau Generalitat, dem Sitz der katalanischen Landesregierung (30.10.) (Bild: Manu Fernandez / AP)
Kataloniens separatistischem Ex-Regierungschef drohen bis zu 30 Jahre Haft. Die Vorwürfe gegen die Angeklagten lauten unter anderem: Rebellion, Auflehnung gegen die Staatsgewalt und Unterschlagung öffentlicher Gelder, sagt Generalstaatsanwalt José Manuel Maza (Bild) am Montag in Madrid. (Bild: Ballesteros / EPA)
Der abgesetzte Regionalpräsident Kataloniens, Carles Puigdemont (Bild), soll inzwischen nach Belgien abgereist sein. Dort will er sich mit Anwälten und Politikern treffen. In einer TV-Rede hatte Puigdemont am Samstag durchblicken lassen, dass er seine Amtsenthebung nicht anerkenne. (Bild: Quique Garcia / EPA)
Am Montag soll Madrid die Amtsgeschäfte in Katalonien übernehmen. Zahlreiche Journalisten haben sich vor dem Palau de la Generalitat versammelt, wo aber nicht viel passiert. Die Zwangsverwaltung Kataloniens dürfte mindestens bis zur Abhaltung der für den 21. Dezember einberufenen Neuwahlen laufen (30.10.). (Bild: Yves Herman / Reuters)
Separatisten mit Unabhängigkeitsfahnen singen vor dem Gebäude der Regionalregierung (30.10.). (Bild: Javier Etxezarreta / EPA)
Auch die Gegner der Unabhängigkeit Kataloniens formieren sich zu Massen: Am Sonntag gehen gegen 300 000 Bürger in Barcelona auf die Strasse, um gegen die separatistische Bewegung zu demonstrieren (29. Oktober). (Bild: Yves Herman / Reuters)
Sie haben eine riesige katalanische Fahne mitgebracht. Diese hat im Gegensatz zu der Unabhängigkeitsfahne kein blaues Dreieck mit weissem Stern (29.10.). (Bild: Santi Palacios / AP)
Dieser Demonstrant hat sich Spanien 155 auf den Rücken geschrieben, in Anlehnung an den Artikel 155 der spanischen Verfassung, der dazu verpflichtet, die Verfassung und das allgemeine Interesse Spaniens zu achten (29.10.). (Bild: Santi Palacios / AP)
Diese Demonstranten fühlen sich durch Carles Puigdemont nicht repräsentiert (29. Oktober). (Bild: Javier Etxezarreta / EPA)
Der abgesetzte katalanische Regierungschef Puigdemont wird mit einem Diktator verglichen. (Bild: Yves Herman / Reuters)
Als Symbol für die Einheit dient auch die Flagge Kataloniens (Barcelona, 29. Oktober). (Bild: Yves Herman / Reuters)
Der Vorsitzende der liberalen Ciudadanos-Partei, Albert Rivera (M.), unterstützt die Befürworter der Einheit. (Bild: Rafael Marchante / Reuters)
Am Freitag, 27. Oktober, stimmte das katalanische Landesparlament in einer geheimen Abstimmung für die Unabhängigkeit der reichsten Region des Landes zu. Madrid reagiert mit der Absetzung der katalanischen Regierung. (Bild: Yves Herman / Reuters)
Auch einen Tag nach dem Entscheid ist bei den Katalanen die Euphorie noch gross. – Carles Puigdemont wird beim Verlassenen eines Restaurants von einer Anhängerin stürmisch begrüsst, 28. 10. (Bild: Rafael Marchante / Reuters)
Nach Bekanntgabe der Unabhängigkeitserklärung von Katalonien haben am Samstagnachmittag, 28. 10., mehrere Tausend Menschen in Madrid für die Einheit des Landes demonstriert. (Bild: Susana Vera / Reuters)
Die Kundgebung fand am Mittag auf dem zentralen Plaza Colón statt. (Bild: Javier Lopez / EPA)
Ein Demonstrant fordert eine Gefängnisstrafe für Puigdemont. – Die Staatsanwaltschaft wird den katalanischen Regierungschef wegen «Rebellion» anklagen. Ihm drohen bis zu 30 Jahre Haft. (Bild: Sergio Perez / Reuters)
Der katalanischer Regierungschef Carles Puigdemont (Mitte) hält nach der Zustimmung des katalanische Parlaments zur Bildung eines unabhängigen Staates eine Rede, Freitag, 27. Oktober. (Bild: Albert Gea / Reuters)
Die Unabhängigkeitserklärung ist jedoch nicht mehr als ein symbolischer Akt ohne reale Konsequenzen, solange sie weder von Madrid noch einem anderen Land der Welt anerkannt wird. – Nach der Abstimmung singen die Anwesenden feierlich ihre katalanische Nationalhymne «Els Segadors». (Bild: Rafael Marchante / Reuters)
Der katalanischer Regierungschef Carles Puigdemont (Mitte) ist mit dem Resultat zu frieden. – 70 der 135 Abgeordneten votierten für die Loslösung von Spanien. Die Opposition hatte zuvor fast geschlossen den Saal aus Protest verlassen. (Bild: Manu Fernandez / AP)
Nur 43 Minuten später kam die Reaktion des spanischen Senats: Mit überwältigender Mehrheit wurde der Rückgriff auf Artikel 155 der Verfassung gebilligt. Damit kann eine abtrünnige Region zur Erfüllung ihrer Pflichten gezwungen werden. – Ministerpräsident Mariano Rajoy während einer ausserordentlichen Sitzung. (Bild: Moncloa / Diego Crespo / Reuters)
Albert Rivera, der Chef der liberalen Bürgerpartei Ciudadanos, bezeichnete die Unabhängigkeitserklärung als einen Staatsstreich, der die Rechte und Freiheiten der Bürger Kataloniens beschneide. (Bild: JuanJo Martin / AP)
In Barcelona wurde aber gefeiert. Tausende von Katalanen versammelten sich vor dem Regionalparlament auf dem Sant-Jaume-Platz und feierten in euphorischer Stimmung die Unabhängigkeitserklärung. (Bild: Juan Medina / Reuters)
Nach Bekanntgabe der Entscheidung brach siegesbewusster Jubel aus. – Die Reaktionen machten die Frustration über das Zusammenleben mit Madrid deutlich, die sich in einem bedeutenden Teil der katalanischen Bevölkerung breitgemacht hat. (Bild: Jon Nazca / Reuters)
Viele kamen mit der Unabhängigkeitsfahne Estelada, um die Loslösung von Spanien zu feiern. (Bild: Francisco Seco / AP)
Es wurde mit Cüplis angestossen . . . (Bild: Vincent West / Reuters)
. . . und vor dem Regierungsgebäude Kataloniens gab es ein offizielles Feuerwerk zur Feier der Unabhängigkeit. (Bild: Yves Herman / Reuters)
Nicht alle sind mit dem Ergebnis zufrieden. Ein Demonstrant hält im Protest der katalanischen Polizei eine spanische Flagge entgegen. (Bild: Juan Medina / Reuters)
Donnerstagnachmittag, 27.10.: Um 16 Uhr ist es soweit: Der spanische Senat stimmt der Entmachtung der katalanischen Regionalregierung und anderen Zwangsmassnahmen zu. Ministerpräsident Mariano Rajoy kann damit mit harter Hand gegen die katalanische Führung vorgehen (27. 10.). (Bild: Fernando Villar / EPA)
Zehntausende demonstrieren in den Strassen Barcelonas und warten darauf, dass der spanische Senat über die Zwangsmassnahmen abstimmt (27.10.). (Bild: Juan Medina / Reuters)
Die Anspannung und Ungeduld ist gross unter den Demonstranten. Was entscheidet Madrid und wie reagiert Katalonien darauf (27.10.)? (Bild: Santi Palacios / AP)
Protestierende halten Karton-Handschellen hoch mit der Frage, ob Spanien eine Demokratie sei (27.10.). (Bild: Yves Herman / Reuters)
In Barcelona bereitet sich derweil das katalanische Parlament auf eine Reaktion vor. Es wurde ein Antrag auf Konstituierung «einer katalanischen Republik als unabhängiger Staat» eingebracht. Um 15.30 ist es soweit: Der Antrag wird mit grossem Mehr angenommen. Das bedeutet, dass die Mehrheit der Parlamentarier die Unabhängigkeit will (27.10.). (Bild: Manu Fernandez / AP)
Die Freude ist riesig, nachdem das Resultat bekanntgegeben wird. (Bild: Yves Herman / Reuters)
«Freiheit» fordert diese Demonstrantin für die beiden inhaftierten Separatisten Jordi Sanchez und Jordi Cuixart, die inhaftiert wurden (27.10.). (Bild: Santi Palacios / AP)
Vor dem katalanischen Regionalparlament warten die Menschen gespannt darauf, was nun entschieden wird (27.10.). (Bild: Yves Herman / Reuters)
Die Stunden der separatistischen Regierung Kataloniens scheinen endgültig gezählt. Regionalpräsident Carles Puigdemont (m.) hat sich am Donnerstag gegen eine Annäherung entschieden. Madrid will nun Zwangsmassnahmen einsetzen (27.10.). (Bild: Manu Fernandez / AP)
Die Zukunft Kataloniens ist ungewiss. Am Freitag wird der spanische Senat die von der Zentralregierung in Madrid vorgeschlagenen Zwangsmassnahmen gegen die Sezessionisten wohl absegnen. Um 15 Uhr wird darüber abgestimmt (27.10.). (Bild: (AP Santi Palacios / AP)
Am Donnerstag demonstrieren wieder Tausende auf den Strassen Barcelonas. Sie erwarten dass an diesem Tag eine wichtige Entscheidung fällt (26.10). (Bild: Emilio Morenatti / AP)
Dann ist es soweit. Doch Carles Puigdemont kündigt bei seiner Rede in Barcelona entgegen aller Erwartungen keine Neuwahlen an. Die Option der Ausrufung von Neuwahlen sei erwogen, dann aber verworfen worden, sagt Puigdemont. Er wirft Madrid vor, eine Einigung zu verhindern (26.10). (Bild: Yves Herman / Reuters)
Es bleibt beim harten Kurs: Er werde seinen Plan für eine Unabhängigkeit der Region weiter verfolgen, erklärt Puigdemont stattdessen. Puigdemont hat Spanien den ganzen Tag in Atem gehalten. Die Rede war ursprünglich für 13 Uhr 30 geplant gewesen, erst verschoben und dann zunächst ganz abgesagt worden. Vor dem Regierungspalast haben seit Mittag Tausende Menschen für die Unabhängigkeit und gegen den «Verrat» durch die Regionalregierung demonstriert (26.10). (Bild: Emilio Morenatti / AP)
Die separatistischen Parteien haben am Montag in Barcelona beschlossen, für Donnerstag eine Plenarsitzung des Regionalparlaments einzuberufen. Dann wollen sie sich auf eine «Antwort» auf die von Madrid angekündigten Zwangsmassnahmen einigen. In Spanien wird damit spekuliert, dass das katalanische Parlament am Donnerstag die Unabhängigkeit der Region ausrufen könnte (23.10). (Bild: Andreu Dalmau / EPA)
Die spanische Regierung hat derweil den Prozess eingeleitet, um Katalonien unter Zwangsverwaltung zu stellen. Am Samstag gingen in Barcelona 450 000 Menschen auf die Strasse, um für die Unabhängigkeit Kataloniens zu demonstrieren (21.10.). (Bild: Gonzalo Fuentes / Reuters)
Unter den Demonstranten sind der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont (M.), der regionale Vizepräsident Oriol Junqueras (l.) und Carme Forcadell (r.), die Sprecherin des katalanischen Parlaments (21.10.). (Bild: Quique Garcia / EPA)
Die Demonstranten skandieren unter anderem: «Freiheit, Freiheit!» Viele rufen: «Wir werden die Besetzung Kataloniens nicht zulassen!» (21.10.). (Bild: Ivan Alvarado / Reuters)
Demonstriert wird auch für die Freilassung der beiden Unabhängigkeitsführer Jordi Sanchez und Jordi Cuixart, die inhaftiert worden sind (21.10.). (Bild: Toni Albir / EPA)
Ein Flyer, der Freiheit für die beiden politischen Gefangenen fordert, klebt auf einem Werbeplakat (21.10.). (Bild: Ivan Alvarado / Reuters)
Die spanische Regierung habe den schlimmsten Angriff auf die Institutionen und das Volk Kataloniens seit der Diktatur von Francisco Franco verübt, sagt Puigdemont am Samstagabend in einer Fernsehansprache, in der er auf die Ankündigungen Rajoys reagiert (21.10.). (Bild: Ruben Morena Garcia / EPA / Handout / Generalitat de Catalunya)
Die Menschen auf der Strasse lauschen den Worten Puigdemonts mit ihren Smartphones. Dieser bezeichnet die Massnahmen der Zentralregierung als «inakzeptabel». In einem letzten Hilferuf wendet sich Puigdemont in englischer Sprache an die EU. Wenn die Grundrechte in Katalonien in Gefahr seien, dann seien sie es auch im Rest Europas (21.10.). (Bild: Toni Albir / EPA)
Mit ruhiger, aber resoluter Stimme hat Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy zuvor die Absetzung der separatistischen Regionalregierung in Barcelona sowie die Ausrufung von Neuwahlen für das Regionalparlament innerhalb von sechs Monaten angekündigt. (Bild: Juan Carlos Hidalgo / EPA)
Die katalanische Regionalregierung fühlt sich weiterhin von weiten Teilen der Bevölkerung unterstützt. Zur Massendemonstration am Samstag haben die beiden separatistischen Bürgerbewegungen aufgerufen, fast eine halbe Million Sympathisanten hat ihrem Aufruf Folge geleistet. (Bild: Rafael Marchante / Reuters)
Demonstranten halten die katalanische Separatistenfahne in die Höhe. ( Bild: Enrique Calvo / Reuters)
Beim Fussballspiel der spanischen Primera División zwischen Barcelona und Malaga sind viele Transparente zu sehen, welche die katalanische Unabhängigkeitsbewegung unterstützen. (Bild: Alejandro Garcia / EPA)
Carles Puigdemont will in den nächsten Tagen eine Plenarsitzung im katalanischen Parlament einberufen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. In Spanien befürchtet man, dass der 54-Jährige die letzten Tage seiner Amtszeit dazu nutzen könnte, die Republik auszurufen. (Bild: Manu Fernandez / AP) Zum Artikel

Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy lässt es sich am Sonntag nicht nehmen, nach fast zweimonatiger Abwesenheit persönlich in Barcelona aufzutreten. Er fordert die «schweigende Mehrheit» der Katalanen auf, sich am Urnengang zu beteiligen und den Separatisten die Stirn zu bieten (12.11.). (Bild: Manu Fernandez / AP)

Ähnlich ist es im Fall der katalanischen Polizei, der Mossos: Deren Chef wurde von Rajoy abgesetzt, die Polizisten der Regionalregierung patrouillieren aber weiterhin in Katalonien und erklären, dass sie sich für die Sicherheit der Bevölkerung zuständig fühlen. Wessen Befehle führen sie aus? Um sich nicht nur auf dem Papier, sondern auch tatsächlich vor Ort in Katalonien durchzusetzen, liegt noch viel «Arbeit» vor Rajoy. Man muss davon ausgehen, dass es dabei zu gewaltfreiem oder auch zu gewaltsamem Widerstand kommen wird.

Kampf um die Wähler

Wie gut Rajoy diese Aufgabe erledigt, wird wesentlich seine zweite grosse Herausforderung beeinflussen. In weniger als zwei Monaten, am 21. Dezember, sollen nach seinem Fahrplan in Katalonien vorzeitige Neuwahlen zum Regionalparlament stattfinden. Bei der letzten Wahl vor zwei Jahren erreichten die Separatisten eine absolute Mehrheit. Rajoy muss also zumindest einen Teil der Wähler umstimmen, will er einen erneuten Sieg der Unabhängigkeitsbefürworter verhindern. Dass er, wie am Samstag gemeldet, die stellvertretende Ministerpräsidentin Soraya Sáenz de Santamaría mit der Übernahme der Verantwortung für die täglichen Amtsgeschäfte in Katalonien betrauen will, dürfte ihm kaum helfen. Sáenz gilt bei vielen Katalanen als rotes Tuch und als Scharfmacherin.

Sollte auch unter Madrids Kontrolle wieder eine separatistische Parlamentsmehrheit gewählt werden, so wäre dies ein eigentliches Fiasko für Rajoy. Die Unabhängigkeitsbefürworter wären gestärkt, und er käme dann wohl nicht mehr umhin, sich mit ihnen an den Verhandlungstisch zu setzen.