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Meinung Klimagipfel

Deutscher Kohleausstieg? Es geht längst nicht mehr um das Ob

Wirtschaftsredakteur
Die Sonne geht am 20.04.2017 gegen 6.15 Uhr am Steinkohlekraftwerk Mehrum bei Hohenhameln (Niedersachsen) auf. Foto: Julian Stratenschulte/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ Die Sonne geht am 20.04.2017 gegen 6.15 Uhr am Steinkohlekraftwerk Mehrum bei Hohenhameln (Niedersachsen) auf. Foto: Julian Stratenschulte/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Sonnenaufgang am Steinkohlekraftwerk Mehrum bei Hohenhameln (Niedersachsen)
Quelle: dpa
Die 18 Staaten, die aus der Kohleverstromung aussteigen, plustern sich auf: Die meisten haben Atom- oder Wasserenergie und sind nicht mit dem deutschen Mix vergleichbar. Aber Hauptsache, immer feste druff.

Als kurz vor Ende der Weltklimakonferenz in Bonn eine Initiative von 18 Staaten ihren Ausstieg aus der Kohleverstromung erklärt, ist das Urteil der Umweltorganisationen schnell gefällt: „Peinlich“, dass das Gastgeberland Deutschland nicht dabei sei, findet der World Wildlife Fund. Deutschland drohe „komplett den Anschluss zu verlieren“, mahnt die Denkfabrik Agora Energiewende. Die Aktion, so Oxfam, sei „ein sehr starkes Signal an Berlin“. Dort ringen praktisch zeitgleich die Parteien der Jamaika-Koalition um einen Kompromiss in der Klimapolitik.

Die Frage ist, ob es sich bei diesem Leuchtfeuer des Klimaschutzes nicht um ein Irrlicht handelt. Denn die Ausgangsbedingungen der Staaten der Anti-Kohle-Allianz sind mit denen Deutschlands überhaupt nicht zu vergleichen. Wortführer Kanada, das sich dank gewaltiger natürlicher Ressourcen zu 60 Prozent aus Wasserkraft versorgen kann, braucht in der Stromproduktion nur zu acht Prozent auf Kohle zurückzugreifen. Bei anderen Mitgliedern sind es kaum mehr als drei Prozent. Da fällt der Verzicht leicht, jedenfalls im Vergleich zu Deutschland, dessen Stromversorgung zu 43 Prozent von der Kohle abhängt.

Als Vorbild taugen die meisten Länder der Anti-Kohle-Allianz auch deshalb nicht, weil sie im Gegensatz zu Deutschland auf einen Atomausstieg verzichtet haben – und sich jetzt umso mehr im Ruf des Klimaretters sonnen können. Das trifft erneut auf Kanada zu, das einige seiner Uraltmeiler in den letzten Jahren fleißig aufpoliert hat.

Der andere Wortführer, Großbritannien, hat sogar das größte Neubauprogramm für Atomkraftwerke in der westlichen Welt mit einem Umfang von 16 Gigawatt aufgelegt. Finnland baut neue Meiler, Frankreich ebenfalls, Belgien denkt über eine nukleare Laufzeitverlängerung nach. Vorbild für Deutschland? Die Kehrseite der Anti-Kohle-Medaille lassen die jubelnden Ökogruppen tunlichst unter den Tisch fallen.

Das Getöse ist unnötig. Auch in Deutschland ist der Kohleausstieg Realität: Die letzten Steinkohlezechen schließen 2018, neue Braunkohletagebaue werden nicht mehr aufgeschlossen, Kohlekraftwerke nicht mehr gebaut. Das meiste, was noch da ist, läuft bis 2040 aus.

Es geht nicht mehr um das Ob des Kohleausstiegs. Es geht darum, ob sich die Forderungen nach einem immer schnelleren Kohleausstieg vor dem Hintergrund des Atomausstiegs und eines schleppenden Netzausbaus rechtssicher realisieren lassen. Zur Lösung dieser Probleme trägt die internationale Anti-Kohle-Koalition nichts bei.

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