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Happy End in Deutschland. Fast.

Der Selbstfindungstrip der SPD hat ein Ende. Die Sozialdemokraten haben sich doch noch zum Regieren überreden lassen.

Gudrun Doringer

Make Germany normal again. Der Ruf nach Normalität ist in den vergangenen Wochen nicht nur innerhalb Deutschlands laut geworden. Nun kehrt sie wieder ein: Nach einem kurzen Abstecher in Richtung Jamaika kommt nach der alten Großen Koalition eine neue Große Koalition. Alles beim Alten. Alles gut?

Nicht, wenn man Martin Schulz heißt. Der SPD-Chef und Kanzlerin Angela Merkel hatten am Sonntag eigentlich keine andere Wahl mehr, als es miteinander zu versuchen. "Halb zog sie ihn, halb sank er hin", könnte man an dieser Stelle Johann Wolfgang von Goethe bemühen. "Und ward nicht mehr gesehn", heißt es übrigens weiter im Text. Und genau das ist es, was Kevin Kühnert, Vorsitzender der Jungsozialisten und Wortführer der GroKo-Gegner in der SPD, befürchtet. Dass nämlich von der SPD nichts mehr übrig ist, wenn sie die Jungen einmal übernehmen werden. Dass die jetzige vermeintliche Rettung den Untergang der SPD besiegelt und sie bei den nächsten Wahlen für ihre "wahnwitzigen Wendungen", wie Kühnert am gestrigen Parteitag sagte, bestraft wird. Schließlich hatte Heilsbringer Martin Schulz, als der er aus Brüssel geholt wurde, noch am Wahlabend zerknirscht gesagt, die Große Koalition sei schuld am schlechten Abschneiden der SPD. Dann schwor er seine Partei auf die Oppositionsrolle ein. Nun versuchte er sein Narrativ zu korrigieren und sich und seiner Partei die Große Koalition wieder schönzureden. Ein Hin und Her.

Und dennoch: Hätte die SPD am Sonntag auf ihrem Selbstfindungstrip bestanden, sich der Verantwortung entzogen und damit Neuwahlen vom Zaun gebrochen - die Wähler hätten die Partei wohl noch stärker abgestraft als bei der Bundestagswahl im vergangenen September. Erste Reihe fußfrei hätte die SPD dann samt ihrem verblassten Hoffnungsträger Schulz zusehen müssen, wie die AfD, deren Mitglieder regelmäßig mit rassistischen, antisemitischen oder nationalistischen Äußerungen auffallen, noch stärkere Zugewinne verzeichnet hätte. Im September war die AfD mit 12,6 Prozent der Stimmen bereits drittstärkste Kraft geworden. Eine solche Fahrlässigkeit kann sich eine Partei, die sich des Mitgestaltens rühmen möchte, nicht erlauben.

Daher hat die SPD nun eine Entscheidung getroffen, die dem Land dient. Ihr selbst wohl eher nicht.

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