Der Bürgerkrieg in Syrien tobt seit fünf Jahren. Seitdem ist das Elend in der Bevölkerung immer größer geworden. 2,8 Millionen syrische Kinder gehen nicht mehr zur Schule. Viele Menschen „essen Blätter und Gras, um zu überleben“, wie US-Außenminister John Kerry jetzt bei der Londoner Geberkonferenz sagte.
Dabei hatten die politischen Eliten im Westen die Dramatik jahrelang unterschätzt, das kaputte Syrien ist auch das Ergebnis verfehlter Diplomatie. Noch im vergangenen Jahr brachten die Geberländer in Kuwait gerade mal die Hälfte der angestrebten 6,3 Milliarden Euro für syrische Flüchtlinge in der Türkei, Jordanien und dem Libanon zusammen.
Auch Berlin wurde damals seiner Verantwortung nicht gerecht. Folge: Wegen massiver Geldkürzungen in den Flüchtlingslagern bei der Lebensmittelversorgung flohen die Menschen in Scharen nach Europa. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wachte die Politik auf: Der Krieg im fernen Syrien ist plötzlich Innenpolitik.
Darum muss jetzt alles besser werden. Das Leid der syrischen Flüchtlinge wird nun zur „größten humanitären Herausforderung unserer Zeit“ stilisiert (EU-Ratspräsident Tusk). Schnelle Hilfe sei eine „moralische Verpflichtung“, wird deklamiert. Das war sie immer schon. Aber noch niemals war der Druck so groß.
Mit Milliardeninvestitionen in die Flüchtlingslager rund um Syrien will die internationale Gemeinschaft nun den Flüchtlingsstrom bremsen. Dieser Schritt ist richtig, auch wenn er viel zu spät kommt. Die avisierten neun Milliarden Euro sind dieses Mal zusammengekommen.
Keine schnellen Erfolge erwarten
Die westlichen Staaten sollten aber darauf dringen, dass regionale Akteure wie die reichen Golfstaaten, vor allem Saudi-Arabien, die bisher in der Flüchtlingskrise eine skandalöse Rolle spielen, einen erheblichen finanziellen Beitrag zum Wohle ihrer Glaubensbrüder leisten – und nicht nur für den Bau von Moscheen in Deutschland.
Klar ist: Es werden schon bald weitere Milliardenhilfen nötig sein. In Deutschland wird die Flüchtlingskrise sukzessive zu einer Verschiebung von Ausgaben im Bundeshaushalt führen – das werden Länder und Kommunen bald massiv spüren.
Andererseits sollte man von den in London eingesammelten Geldern keine schnellen Erfolge erwarten. Derzeit bestimmt vor allem Russland durch sein gezieltes militärisches Eingreifen in Syrien den Zyklus der Flüchtlingsströme. Wann begreift die deutsche Außenpolitik, dass man dem Kreml mit mehr Härte begegnen muss?