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Panama oder was es auch zu bedenken gilt

Gross ist der Aufschrei nach der Enthüllung von Hunderttausenden von Briefkastenfirmen, über die hochrangige Politiker, Sportstars und andere Superreiche Geld geschleust haben – legal oder illegal, bis zur Stunde gilt die Unschuldsvermutung. Wobei, weshalb Panama, wenn es sich um rechtmässig versteuertes Kapital handeln sollte, wozu es keiner treuhänderischen Kniffe bedarf? Renommierte Anlaufstellen fern von zweifelhaftem Ruf gibt es genug.

Wer zwielichtige Finanzkanäle aufdeckt und über anrüchige Machenschaften von Leuten in verantwortungsvoller Position – Vorbildfunktion eingeschlossen – berichtet, die solche Wege benützen, dem gebührt Lob. Aber es stellen sich auch Fragen: Wer erinnert sich nicht an die Empörung, als ausländische Steuerbehörden sich auf gestohlene Daten von Schweizer Banken stürzten? Sie wurden, nicht zu Unrecht, der Komplizenschaft beschuldigt, zumal sie für die Daten teils ansehnliche Beträge bezahlt hatten.

Datenklau, oder nicht?

Und jetzt? Heiligt auch bei den gehackten Daten aus Panama der Zweck die Mittel? Weshalb fragt sich niemand, wie und von wem das riesige und detaillierte Informationsmaterial, das auszuwerten Hunderte von Journalisten monatelang beschäftigt hat, beschafft wurde und wie das anscheinend eine halbe Ewigkeit lang, von den involvierten Medien abgesehen, unbemerkt blieb?

Eine andere Frage, die sich ob der Aufregung um die Panama Papers stellt: Ist die Enthüllung so spektakulär, dass seitenlang in Print und online berichtet wird, Sondersendungen geschaltet werden und darob andere wichtige Ereignisse und Themen zwangsläufig in den Hintergrund rücken? Recherche in Ehren, aber müssen sich Medien rund um die Welt deshalb gleich serienweise und tagelang damit beschäftigen? Viel heisst nicht besser. Die Gefahr, dass sie Panama oder andere Themen wie Flüchtlingsströme oder Terrorismus überstrapazieren und das Publikum mit ihrem herdengesteuerten Eifer ermüden, ist gross.

Behörden in mehreren Staaten wollen die Enthüllungen untersuchen. Da stellt sich eine weitere Frage: weshalb erst jetzt? Was  haben Aufsichtsbehörden und Kontrollorgane, die in den Jahren nach der Finanzkrise unter grossem politischen Getöse und Schulterklopfen geschaffen und verstärkt wurden, getan? Genügt die Aufsicht, hat sie die notwendigen Mittel, oder verliert sie sich in bürokratischem Unsinn, sodass sie ihre Aufgabe auch in Zukunft nur unvollkommen wahrnimmt respektive wahrnehmen kann?

Schliesslich die Banken. Explizit werden Schweizer Institute – CS, UBS und HSBC Schweiz – als Vermittler für Verbindungen und Transfers zu Offshore-Firmen genannt. Warum nicht auch andere Institute, wo doch die Enthüllungen beweisen, dass sämtliche grossen Finanzplätze in der Sache mithängen? Selbstverständlich sind Schweizer Banken selbst dafür verantwortlich, dass ihnen in der globalen Öffentlichkeit zuweilen noch immer ein zweifelhaftes Image anhaftet. Aber muss dieser Ruf medial immer wieder zementiert werden? Leisten nicht Schweizer Banken im wahrsten Sinn des Wortes Busse für Verfehlungen in der Vergangenheit?

Und die Amerikaner?

Wer sonst noch bemüht sich um Aufarbeitung der Geschichte, um Legalisierung und gesetzeskonformes Verhalten? Amerikanische Banken, die US-Behörden, die mit Panama als ihrem «Hinterhof» pfleglich umgehen? Verständlich, wenn man bedenkt, wie wichtig der lateinamerikanische Fleck logistisch, strategisch (Stichwort Panama-Kanal) oder finanziell als Offshore-Platz für reiche US-Kunden ist.

Nicht nur Finanzexperten erstaunt wenig, was die Panama Papers ans Tageslicht fördern. Dass sich in allen Bevölkerungsgruppen, politischen Hierarchien, Unternehmen, Sport- und Showprominenz schwarze Schafe befinden, weiss die Öffentlichkeit nicht erst seit Anfang dieser Woche. Dem Aufschrei von Medien, Regierungen und Bevölkerung, so sehr die Enthüllungen über die zweifelhaften bis illegalen Machenschaften von Verantwortungsträgern in Politik und Gesellschaft zu begrüssen sind, haftet auch etwas Heuchlerisches an.