Ungarn plant Zaun gegen Flüchtlinge

Ungarn will mit einem vier Meter hohen Zaun seine Grenze zu Serbien für Flüchtlinge undurchlässig machen, erklärte Innenminister Péter Szijártó am Mittwoch. Europas Grenzen müssen geschützt werden, stimmen einige Kommentatoren zu. Andere kritisieren, dass ausgerechnet Ungarn ein Vierteljahrhundert nach dem Fall des Eisernen Vorhangs eine neue Mauer errichtet.

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La Stampa (IT) /

Ungarische Mauer der Ausgrenzung

Dass der Zaun ausgerechnet an der ungarischen Grenze entsteht, ist nach Ansicht der liberalen Tageszeitung La Stampa unfassbar: "An einem Sonntag im August 1989 begann die Berliner Mauer just in Ungarn zu fallen. 300 Ostdeutsche schlüpften bang und ungläubig durch ein kleines Schlupfloch an der Grenze nach Österreich in Richtung Zukunft und Freiheit, während die ungarischen Grenzwächter so taten, als sähen sie nichts. Niemand hätte je glauben können, dass nur 26 Jahre später ausgerechnet jenes geschichtlich so symbolträchtige Ungarn - das Land des Volksaufstands gegen die Sowjetunion 1956 - eine neue Mauer errichten würde. ... Es wird kein Eiserner Vorhang sein. Doch es wird eine noch schändlichere Mauer sein, eine rassistische Mauer der ethnischen Diskriminierung. … Wenn Europa nicht zum Geist von 1989 zurückfindet, werden auf die Mauer von Orbán andere folgen - hoch und dick wie sie bereits in den Köpfen zu vieler Europäer existieren."

Világgazdaság (HU) /

Grenzzaun ist Überreaktion

Der geplante Bau eines neuen "Eisernen Vorhangs" ist eine Überreaktion und unbegründet, meint die liberale Wirtschaftszeitung Világgazdaság: "In einem Land, in dem der Abbau des Eisernen Vorhangs zu einem Symbol des Endes der Diktatur geworden ist, ist seine Neuerrichtung eine besonders pikante Entscheidung. ... Der Eiserne Vorhang ist die drastischste Lösung des Flüchtlingsproblems. Es macht nur dann Sinn, ihn zu errichten, wenn er eine echte Lösung für das Problem ist. ... Doch der 175 Kilometer lange Grenzzaun ist eine völlig übertriebene Reaktion auf das ansonsten reale Problem der illegalen Migration. ... Die jetzige Zahl der Migranten macht ihn nicht notwendig und außerdem scheint sein Aufbau unglaublich teuer zu sein."

Pravda (SK) /

Europa muss seine Außengrenze schützen

Der Schengenraum kann nur funktionieren, wenn seine Außengrenze geschützt ist, kommentiert die linke Tageszeitung Pravda die ungarischen Pläne, sich mit einem Grenzzaun gegen Flüchtlinge aus Serbien abzuschotten: "Menschen in Not brauchen Hilfe. Eine der Lösungen, mit der die EU eine gemeinsame Verantwortung übernehmen würde, wäre das Quotenmodell. Sehr viel grundsätzlicher aber ist die Verstärkung der Außengrenzen. Als 2012 die Kontrollen an der griechisch-türkischen Grenze verschärft wurden, sank die Zahl der Flüchtlinge merklich. Die machten sich dann zwar Richtung Bulgarien auf. Aber als Sofia den Bau eines Zauns an der Grenze zur Türkei beschloss, sank die Zahl der Flüchtlinge erneut. ... Jetzt also der Plan der Regierung Orbán. Wir werden noch häufiger hören, dass sich der alte Kontinent in eine Festung verwandelt. Aber die Mittel Europas [für die Flüchtlinge] sind limitiert. Es geht in dieser Frage nicht nur um das Herz, sondern mehr um den Verstand."

Mladá fronta dnes (CZ) /

Keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen

Die Aufnahme von Flüchtlingen in Europa ist falsch und gefährlich, meint der Direktor des Prager Václav-Klaus-Instituts, Jiří Weigl, in einem Gastbeitrag beim Nachrichtenportal idnes.cz.: "Das Problem der Armut und regionaler Konflikte lässt sich nicht durch die Umsiedlung der betroffenen Menschen in die reichsten Regionen der Welt lösen. Der Exodus muss gestoppt, nicht noch stimuliert werden. Zudem ist es unmoralisch, den armen Ländern dort Chancen zu nehmen, wenn man ihre Eliten nach Europa holt. ... Das Argument, dass Europa ohne Zuwanderung vergreist und ausstirbt, zieht nicht. Sonst hätten wir in Südeuropa nicht eine Arbeitslosigkeit unter den jungen Menschen von mehr als 50 Prozent. ... Es ist an der Zeit, den Ländern auf der arabischen Halbinsel zu helfen, damit die Flüchtlinge in der Region bleiben können. Die reichen Öl-Monarchien tragen mehr Verantwortung für die Opfer der Konflikte, an denen sie selbst beteiligt sind, als das entfernte Mitteleuropa."