EU lobt Tsipras' Reformpläne

Vor dem Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am heutigen Montag hat die griechische Regierung neue Lösungsvorschläge bei den Gläubigern eingereicht. Die Kommission nannte sie eine "gute Grundlage" für die Verhandlungen. Während ein Grexit für einige Kommentatoren die Glaubwürdigkeit der EU erschüttern würde, ist er für andere die einzige Möglichkeit, das Vertrauen in die Demokratie wiederherzustellen.

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Le Monde (FR) /

Grexit wäre politisch inkonsequent

Ein Grexit wäre nach Ansicht der linksliberalen Tageszeitung Le Monde nicht nur wirtschaftlich sondern auch politisch eine entsetzliche Pleite für das europäische Projekt: "Wie soll man dann den zahlreichen Europäern, die am Euro zweifeln, politisch erklären, dass die Gemeinschaftswährung Opfer wert ist und dass es in ihrem Interesse liegt, sie beizubehalten? Wie soll man künftig internationale Investoren davon überzeugen, dass der Euro eine Zukunftswährung ist? Der politische Effekt eines Grexit wäre nicht weniger problematisch. Wenn die europäischen Spitzenpolitiker, die 2010 und 2012 monatelang gekämpft haben, um Griechenland für hunderte Milliarden Euro zu retten, das Land nun wegen wesentlich geringerer Beträge fallen lassen würden, würden sie sich politisch inkonsequent zeigen. Der Vorstellung einer wie auch immer gearteten europäischen Solidarität würden sie damit ein Ende setzen. ... Die Auswirkungen für Griechenland wären noch heftiger. ... Das Land würde ins Ungewisse stürzen, wobei es doch für seine Zukunft so dringend Reformen braucht."

Bild (DE) /

Griechische Pleite zum Wohle der Demokratie

Ein weiteres Rettungspaket für Griechenland würde der Demokratie in Deutschland schaden, argumentiert die konservative Boulevardzeitung Bild und fordert deshalb den Grexit: "Der Schaden, den unsere Demokratie, das Vertrauen der Menschen in die deutsche Politik durch ein weiteres, gegen jede Vernunft durchgepeitschtes Hilfspaket erleiden würde, ist weitaus größer als der Schaden eines möglichen 'Grexit'. Ein Parlament, das sich ständig gegen weitere Milliardenhilfen ausspricht, sie dann aber doch bewilligt, verliert das Vertrauen der Wähler. Ein Parlament ohne Vertrauen ist das tödlichste Gift für eine Demokratie. ... Ein Austritt aus dem Euro ist kein Austritt aus Europa. Im Gegenteil, der 'Grexit' würde Griechenland die Chance bieten, als selbstbewusstes und wirtschaftlich stabiles Land in die europäische Gemeinschaft zurückzukehren."

Aargauer Zeitung (CH) /

Griechenland ist ein gescheiterter Staat

Nicht der Euro oder der Konflikt mit den Gläubigern sind Griechenlands Problem, sondern die fehlenden staatlichen Strukturen, meint Ökonom Thomas Straubhaar in der liberalen Aargauer Zeitung: "Weder ein Grexit noch ein weiterer Kompromiss ändern etwas daran, dass Griechenland ein 'failed state' ist, ein gescheiterter, gefallener Staat. ... Griechenland fehlt es weniger an neuen Krediten und auch nicht an einem Grexit als vielmehr an Glaubwürdigkeit, Vertrauen und Effizienz staatlicher Institutionen. Korruption, Steuerhinterziehung, Vetternwirtschaft und Schwarzarbeit sind eher die Regel als die Ausnahme. Deshalb kann es nicht darum gehen, zum x-ten Mal von den Griechen zu verlangen, was sie nicht leisten können. Es bringt nichts, darauf zu pochen, dass die Steuereinnahmen erhöht und die Staatsausgaben reduziert werden, wenn nicht zuallererst der griechische Staat rundum saniert wird."

Irish Independent (IE) /

Eurozone wird in dieser Form nicht überleben

In ihrer derzeitigen Ausgestaltung kann die Eurozone längerfristig - mit oder ohne Griechenland - nicht bestehen, warnt Kolumnist Brendan Keenan in der konservativen Tageszeitung Irish Independent: "Die Show ist noch nicht zu Ende, aber viele haben angemerkt, dass es nicht das erste Mal wäre, dass Europa in ein Unglück stolpert, das sich niemand außer den Extremisten gewünscht hatte. ... Wir haben es mit einer Währungsunion zu tun, in der Staaten mit Hilfe von Krediten gerettet werden können, in denen es aber keine finanziellen Transfers von den Reichen zu den Armen geben wird. Der Fall Griechenland hat überdies gezeigt, dass eine Mitgliedschaft nicht unantastbar ist. Das ist ein System, das längerfristig nicht funktionieren kann, ganz gleich ob Griechenland Teil davon bleibt oder nicht."