Griechenland vor der Wahl

Vor der Neuwahl am Sonntag in Griechenland liegen die linke Syriza von Ex-Premier Alexis Tsipras und die konservative Nea Dimokratia mit Chef Evangelis Meimarakis in den Umfragen etwa gleichauf. Es ist egal, wer gewinnt, das Schicksal Griechenlands ist vorgezeichnet, meinen einige Kommentatoren. Andere fürchten, dass die Neonazi-Partei Chrysi Avgi in der Opposition das Ruder an sich reißt.

Alle Zitate öffnen/schließen
Hospodárske noviny (SK) /

Es ist egal, wer gewinnt

Im Grunde ist es einerlei, ob die Linken oder die Konservativen die Wahl für sich entscheiden, weil die Zukunft des Landes vorgezeichnet ist, urteilt die wirtschaftsliberale Hospodářské noviny: "Die Wahl könnte die politische Szene beruhigen. Die Hoffnung aber, dass sich damit auch die wirtschaftliche Lage beruhigt, ist nicht berechtigt. Die Ökonomie verliert erneut an Schwung, die Banken benötigen weitere 25 Milliarden Euro zur Stabilisierung. Um das Land wieder auf die Beine zu bringen und die Schulden zu bedienen, müsste der neuen Regierung ein Wunder zu Hilfe kommen. Steuererhöhungen, weitere Kürzungen und eine Deflationsspirale verstärken den Abschwung und den Anstieg des Schuldenbergs. Und das ohne Rücksicht darauf, wer nach der Wahl an die Macht kommt."

Kathimerini (GR) /

Neonazis müssen politisch isoliert werden

Die Neonazi-Partei Chrysi Avgi ist vor der griechischen Parlamentswahl am Sonntag in den Umfragen mit mehr als sechs Prozent drittstärkste Kraft. Ihr Vorsitzender Nikos Michaloliakos hat am Donnerstag in einem Interview verkündet, dass seine Partei die politische Verantwortung für die Ermordung des Rappers Pavlos Fyssas vor zwei Jahren übernimmt. Es ist an der Zeit, diese Partei endlich abzuschütteln, findet die konservative Tageszeitung Kathimerini: "Es ist schlecht für das Bild Griechenlands, dass diese Partei konstant dritte Kraft bleibt, und dies mit einem nicht zu vernachlässigenden Prozentsatz. Ein Niedergang von Chrysi Avgi würde eine Rückkehr der politischen Szene Griechenlands in die Normalität bedeuten und diese Partei dorthin bringen, wohin sie gehört: an den Rand. … Hoffentlich kommt es nach den Wahlen zu einer breiten Zusammenarbeit zwischen den Parteien. Gleichzeitig muss man aber auch verhindern, dass Chrysi Avgi die Rolle der Opposition übernimmt, denn dies wäre eine extrem gefährliche und unangenehme Entwicklung."

La Tribune (FR) /

Der große Grexit-Bluff

Der Vizepräsident der EZB, Vítor Constâncio, hat in einem Interview am Montag eingestanden, dass ein Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone niemals wirklich im Raum stand, da niemand die Befugnis dazu habe. Für die liberale Wirtschaftszeitung La Tribune ein brisantes Geständnis: "Die Worte von Vítor Constâncio bringen nun den Plan der Gläubiger ans Licht: Sie wollten der griechischen Regierung mit dem Grexit drohen, um den politischen Sieg einzufahren, nach dem die Gläubiger seit den Wahlen am 25. Januar gierten. ... Tatsächlich hatten die Gläubiger nie die Absicht, einen Grexit tatsächlich einzuleiten, denn er hätte sie ebenso sehr geschwächt wie Griechenland selbst. Sie haben die Macht der Institutionen genutzt, um einen umfassenden Sieg gegen eine Regierung zu erlangen, die ihnen nicht passte, und um deren politische Basis zu zerstören."

Die Presse (AT) /

Die Griechenland-Krise ist doch ein Klacks

Verglichen mit der Flüchtlingskrise scheinen die Probleme in Griechenland unbedeutend, meint die konservative Tageszeitung Die Presse: "Heute blicken wir mit großer Gelassenheit auf ein Problem, bei dem es ja im Grund 'nur' um Geld gegangen ist, geht und gehen wird. … Wir haben uns - auch aufgrund drängender Probleme - damit abgefunden, dass es sich bei Griechenland um eine Dauersubvention handelt. Irgendwann werden wir uns nicht mehr darüber empören. So, wie sich längst keiner mehr über jährlich 60 Milliarden Euro Agrarsubventionen aufregt. Griechenland wird ein wirtschaftspolitischer Rundungsfehler bleiben. Viele fürchten, dass die EU mit der 'Hilfe' für Griechenland den entscheidenden Schritt hin zur Transferunion gegangen ist. Auch diese Befürchtung scheint Makulatur zu sein. Längst ist klar, dass die größte soziale und wirtschaftliche Herausforderung für Europa außerhalb Europas liegt."