EU packt Flüchtlingskrise an

Die EU wird die Hilfen für Geflüchtete in Syriens Nachbarländern aufstocken. Mit Hotspots in Italien, Griechenland und Bulgarien will sie die Registrierung von Flüchtlingen erleichtern, Frontex soll mehr Geld erhalten. Endlich zeigt die EU, dass sie doch noch handlungsfähig ist, loben einige Kommentatoren. Andere kritisieren, dass Europa die Bewältigung der Krise outsourct.

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Der Standard (AT) /

Die EU hat den Dialog noch nicht verlernt

Die EU hat in diesen Tagen gezeigt, dass sie handlungsfähig ist, meint die linksliberale Tageszeitung Der Standard: "Selbst Politiker aus den vier überstimmten Ländern sagen, dass sie mit der Entscheidung leben können. 'Wir haben uns in Brüssel gewehrt, so gut es ging, waren aber in der Minderheit': Das ist eine Botschaft, wie sie die Regierungen in Budapest und Prag in der Heimat verkaufen können. Somit steigen die Chancen, dass sich auch in den kommenden Monaten Staaten im Zuge der Flüchtlingskrise überstimmen lassen und der Vorgang die Aura des Außergewöhnlichen verliert. Trotz des Streits um den Verteilungsplan haben die EU-Regierungschefs demonstriert, dass sie im Dialog bleiben können. Das ist wichtig. Denn ob es gefällt oder nicht: So provokant er auch auftritt, wird die EU in der Flüchtlingskrise sogar mit einem Viktor Orbán zusammenarbeiten müssen."

Mérce (HU) /

Europa lässt Drecksarbeit von anderen verrichten

Die Entscheidung der EU, Jordanien, den Libanon und die Türkei finanziell bei der Versorgung von Flüchtlingen aus Syrien zu unterstützen, kommt einer Auslagerung des Problems gleich, kritisiert der Blogger Szilárd István Pap auf dem Blogportal Kettős Mérce: "Die Staats- und Regierungschefs haben sich der Aufrechterhaltung der 'Festung Europa' verpflichtet. Sie waren einhellig der Meinung, dass jene Menschen, die vor dem Krieg und der Aussichtslosigkeit fliehen und auf unserem Kontinent ein neues Leben beginnen wollen, auch in Zukunft außerhalb der Grenzen der EU bleiben sollen. Die innovative Lösung liegt darin, dass die Verrichtung der Drecksarbeit exportiert wird oder mit anderen Worten nach jenseits der Unionsgrenzen ausgelagert wird, Stichwort 'Outsourcing'. Die Entscheidungsträger des Kontinents sind sich folglich einig mit Viktor Orbán, dass sie die Migranten außen vor lassen wollen."

Le Reporter (MA) /

Europäische Flüchtlingspolitik reinstes Chaos

Alles andere als einen koordinierten Eindruck macht die Flüchtlingspolitik der EU-Staaten auf Le Reporter aus Marokko. Das Wochenmagazin geht darauf ein, dass Deutschland plötzlich wieder Grenzkontrollen einführt, dass viele Europäer sich über den ungarischen Grenzzaun empören und dass Paris und Berlin ihre EU-Partner zur Verteilung von Flüchtlingen drängen müssen, und kommt zu dem Schluss: "All dies vermittelt einen bedauernswerten Eindruck von ungenügender Vorbereitung, Improvisation und Widersprüchen. ... Das Bild des toten Jungen scheint schon wieder weit weg zu sein. In den europäischen Gesellschaften ist ein großes Engagement für die Flüchtlinge zu beobachten. Doch die Regierungen stehen Problemen hinsichtlich der Aufnahmekapazitäten und der politischen Folgen gegenüber, die immer komplizierter werden."

Dilema Veche (RO) /

Rumänien sieht Europa nur als Melkkuh

Mit seiner Verweigerungshaltung im Streit um die Flüchtlingsquoten hat Rumänien eine beschämende Einstellung offenbart, kommentiert die Zeitschrift Dilema Veche: "Im Endeffekt hat Rumänien jede Spur von Glaubwürdigkeit verspielt und sich mit seinem martialischen Ton lächerlich gemacht. ... Die Botschaft an unsere Partner war klar: Nicht einmal die politischen Eliten Rumäniens haben die utilitaristische Wahrnehmung Europas als Geschenke bringender Weihnachtsmann überwunden. Ob als Ziel rumänischer Migranten auf der Suche nach einem besseren Leben, oder als Automat für Barauszahlungen, insofern wir diese auch abrufen können - Europa sehen wir nach wie vor als Melkkuh. Europäische Werte sind uns egal. Wir glauben, dass uns nur Rechte zustehen, scheuen aber vor der Übernahme von Verantwortung zurück."